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Wohnen in Berlin. In der Bundeshauptstadt steigen die Mieten stärker als die Nettoeinkommen.

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Einkommen und Wohnkosten: Berliner Mieter leben bescheiden

68 Quadratmeter für ein Viertel des Einkommens: In der Bundeshauptstadt fressen höhere Mieten die steigenden Einkommen auf. Im Bundesdurchschnitt ist das anders.

Berlin - Wer ein Viertel seines verfügbaren Einkommens für die Wohnungsmiete ausgibt, bekommt dafür in Berlin im Schnitt eine 68 Quadratmeter große Wohnung. In den meisten kreisfreien Städten in Deutschland lebt es sich auf größerem Raum. In Mülheim an der Ruhr sind es bei gleicher Mietbelastung zum Beispiel 98 Quadratmeter. Auf dem Land können sich Mieter ohnehin mehr Wohnfläche leisten. Am meisten im bayerischen Dingolfing-Landau: 126 Quadratmeter. Oder im niedersächsischen Lüchow-Dannenberg: 121 Quadratmeter.

Die am Montag vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) veröffentlichten Daten zeigen, dass es in Deutschland viele unterschiedliche Wohnungsmärkte gibt. Dort, wo die Mieten am stärksten gestiegen sind – in Berlin, Hamburg, München, Köln, Würzburg oder Offenbach –, haben die Mieten die Einkommenssteigerung seit 2010 (11,5 Prozent) aufgefressen. Mehr noch: Mieter, die nicht mehr als 25 Prozent ihres Einkommens für die Wohnung ausgeben wollen oder können, müssen sich mit weniger Quadratmetern begnügen. Gerade deshalb, so diagnostiziert das IW, sei die „Verunsicherung vonseiten der Bevölkerung groß“. Schließlich sind die Wohnkosten der größte Ausgabeposten der privaten Haushalte. Kritisch wird es nach Ansicht des IW, wenn mehr als ein Drittel des Einkommens für die Miete verwendet wird.

Aber: Nur ein kleiner Teil ist tatsächlich von der wachsenden Lücke zwischen Mieten und Einkommen betroffen. Letztere sind laut IW seit 2010 im Schnitt um 11,5 Prozent gestiegen. Die enormen Mietsteigerungen hätten sich auf wenige Standorte konzentriert. „Nur in 24 Prozent der Kreise kann sich ein Durchschnittshaushalt heute weniger leisten“, schreibt IW-Experte Ralph Henger in seiner Studie. Die Durchschnittsmiete liege nur in 20 der 402 Kreise über neun Euro je Quadratmeter, deutschlandweit zahle man im Schnitt 6,90 Euro.

Umstritten ist, inwieweit die Politik regulierend eingreifen sollte. Aus Berliner Sicht ist eine Begrenzung der Mietenexplosion in den gefragten Bezirken wünschenswert. Doch die von der Regierung 2015 eingeführte Mietpreisbremse, nach der die Miete nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Miete liegen darf, wirkt nicht immer wie erhofft. Sie gilt inzwischen in mehr als 300 Städten.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin kam im Frühjahr zu dem Ergebnis, dass die Mietpreisbremse sogar kurzfristig zu Mietsteigerungen geführt hat, weil Vermieter in Erwartung des Gesetzes die Miete vorsorglich erhöht hatten. In der Praxis gibt es weitere Gründe für ein Versagen. So müssen Eigentümer bei einer Vermietung die Höhe der Vormiete nicht automatisch angeben. Mieter haben zudem erst ab dem Zeitpunkt einer Reklamation Anspruch auf Rückzahlung überhöhter Mieten. Wer sich als Vermieter nicht an das Gesetz hält, muss keine Strafen fürchten.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat eine mögliche Verschärfung der Mietpreisbremse ins Gespräch gebracht. So erwägt Maas – für den Fall eines verbreiteten Rechtsbruchs – eine gesetzliche Verpflichtung für Vermieter, die Vormiete automatisch offenzulegen. Mieter sollen möglicherweise einen Anspruch erhalten, zu viel gezahlte Miete rückwirkend bis zum Vertragsschluss zurückzubekommen und nicht erst nach der Reklamation.

Das IW hält von einer strengeren Regulierung nichts. Der Wohnungsmarkt wandele sich gerade dort, wo die Einkommen stark zulegten. Die Politik müsse keine neuen Programme auflegen, sondern dafür Sorge tragen, „dass möglichst viele private Haushalte diese Veränderungen mitgehen können“. Die Mietpreisbremse „ist in unseren Augen klassische Symbolpolitik“, sagte IW-Forscher Henger. „Sie wirkt – wenn überhaupt – nur schwach, und dabei nicht mal in die richtige Richtung.“ Ähnlich sieht es der Eigentümerverband Haus + Grund: „Man hat da ein ganz schlechtes Gesetz gestrickt, das vorne und hinten nicht wirkt.“ Auch beim Mieterbund ist man skeptisch: „In Großstädten und Ballungszentren sind die Preissteigerungen nicht erklärbar, wenn die Mietpreisbremse greifen würde.“ mit dpa

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