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Beruhigte Zone. Mit einem Umsatzminus von 23 Prozent im ersten Quartal 2013 hatte der Straßenbau die größten Probleme. Foto: p-a/ZB

© picture alliance / ZB

Wirtschaft: Einsam an der Spitze

Deutschland ist bei Anlegern der beliebteste Standort in Europa. Der Bau jedoch litt unter dem Dauerregen.

Berlin - Deutschland wird bei Investoren immer beliebter. Nur einige Länder sind für Anleger noch attraktiver – China, Indien, Russland und Brasilien sowie die USA. Das geht aus einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsfirma Ernst &Young unter 808 Unternehmen hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. In Europa liegt die Bundesrepublik auf Rang eins. „Je schwächer sich die europäischen Nachbarländer entwickeln, desto sichtbarer werden die Stärken Deutschlands: die hocheffiziente und stark internationalisierte Wirtschaft und relativ gesunde öffentliche Finanzen“, sagte Ernst & Young-Experte Peter Englisch.

14 Prozent der befragten Manager bezeichneten Deutschland als einen der drei wichtigsten Standorte weltweit, und mehr als die Hälfte der Befragten zeigten sich zuversichtlich, dass die Attraktivität Deutschlands weiter wächst. Auch die Zahl der Investitionsprojekte stieg 2012 weiter um fünf Prozent auf 624 und erreichte damit einen Rekordwert. „Während Europa leidet, strahlt Deutschlands Stern immer heller“, sagte Englisch. „Das birgt erheblichen Sprengstoff und droht Europa vor eine Zerreißprobe zu stellen.“

Zugleich warnten die Experten davor, sich auf den Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen. Die hohe Qualität von Forschung und Entwicklung sei ein wichtiger Grund für ausländische Unternehmen, in Deutschland zu investieren. Allerdings könnte der drohende Ingenieursmangel zum Problem werden. „Deutschlands Führungsposition als Qualitäts- und Innovationsführer ist nicht in Stein gemeißelt“, warnte Englisch.

Das Gefälle zwischen Deutschland und seinen Nachbarn in der Euro-Zone spiegeln auch neue Konjunkturdaten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im ersten Quartal um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal, wie das Europäische Statistikamt Eurostat mitteilte. Damit bestätigte die Behörde eine frühere Schätzung. Der Rückgang fiel weniger stark aus als noch zum Jahresende 2012 – damals war die Wirtschaft um deutlich stärkere 0,6 Prozent geschrumpft. Volkswirte sehen aber noch keine Trendwende.

Verunsicherte Unternehmer stellten Investitionen zurück und der Außenhandel fiel als Konjunkturmotor aus. Die Exporte sanken im ersten Vierteljahr um 0,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Auch die Einfuhren gingen zurück (minus 1,1 Prozent). Allein die Konsumfreude der privaten Haushalte stieg minimal. Seit eineinhalb Jahren schrumpft die Wirtschaftsleistung im Euroraum – so lange wie noch nie seit der Euro-Einführung. Besonders schwierig bleibt die Lage in Südeuropa. Zypern meldete mit minus 1,3 Prozent den tiefsten Einbruch.

Die deutsche Wirtschaft dürfte zwar von der Beseitigung der Hochwasserschäden profitieren, allerdings frühestens ab Mitte des Jahres. Davon geht KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner aus. „Hier muss der Kapitalstock wieder aufgebaut werden.“ Darauf hofft die Baubranche – sie ist schwach ins Jahr gestartet. Der lange Winter hat Umsatzeinbußen von zehn Prozent gebracht. Mit einem Minus von 23 Prozent im Vergleich zum Jahresanfang 2012 hatte der Straßenbau die größten Probleme. Auch der Dauerregen im Mai bremste das Geschäft. Jetzt hoffen die Unternehmen auf einen stabilen öffentlichen Bau und vor allem auf den Boom beim Wohnungsbau. Es gibt 16 Prozent mehr Baugenehmigungen, dies soll neue Aufträge in nächster Zeit bringen.

Bauindustrie-Präsident Thomas Bauer sieht aber auch die Wirtschaft in der Pflicht. „Die geringen Investitionen sind eine gewaltige Gefahr für die Zukunft Deutschlands“, warnte er. Dies gefährde die Wettbewerbsfähigkeit. „Geld verdienen kommt nach investieren“, mahnte er. Sorge bereite ihm auch der öffentliche Sektor mit einer negativen Nettoinvestitionsquote. Das bedeute, dass die Abschreibungen die neuen Investitionen übertreffen – ein Rückbau der deutschen Infrastruktur wäre die Folge. mit rtr, dpa

Luca Spinelli

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