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1500 Flüge fielen in Frankfurt aus, weil ein paar hundert Lotsen streikten.

© dapd

Einschränkung für Arbeitskämpfe gefordert: Streikverbot für Fluglotsen

Professoren präsentieren einen Gesetzentwurf zur Einschränkung von Arbeitskämpfen in Kitas, Krankenhäusern und Verkehrsbetrieben. „Hier ist der Gesetzgeber gefordert, weil Dritte geschädigt werden“, sagte dazu einer der Professoren.

Wenige Tage nach dem Ende der Streiks am Frankfurter Flughafen gibt es einen weiteren Vorstoß zur Einschränkung solcher Arbeitskämpfe. Ein paar Rechtsprofessoren präsentierten am Montag in Berlin einen Gesetzentwurf zur „Regelung von Arbeitskonflikten in der Daseinsvorsorge“. Unter Daseinsvorsorge sind dabei Bereiche gemeint, auf die ein Großteil der Bevölkerung angewiesen ist und für die es kaum alternative Anbieter gibt. Konkret geht es um medizinische und pflegerische Leistungen, Energie- und Wasserversorgung, Feuerwehr und Müllbeseitigung, Militär und Polizei, Verkehr, Erziehung und Betreuung, Kommunikationsinfrastruktur und schließlich die „Versorgung mit Bargeld und Zahlungsverkehr“.

In allen diesen Bereichen möchten die Carl Friedrich von Weizsäcker-Stiftung Streiks deutlich erschweren - und hat deshalb die Professoren Martin Franzen, München, Gregor Thüsing, Bonn, und Christian Waldhoff, Bonn, um juristischen Beistand gebeten. Hintergrund ist der Streit um die Tarifeinheit („Ein Betrieb, ein Tarifvertrag“), der seit knapp zwei Jahren Arbeitgeber und Gewerkschafter, Wissenschaftler und Politiker beschäftigt. 2010 verabschiedete sich das Bundesarbeitsgericht von dem Prinzip der Tarifeinheit zugunsten der grundgesetzlichen Koalitionsfreiheit. Als eine Folge jenes Urteils wird seitdem eine Zunahme von Tarifkonflikten und Streikaktionen von kleinen Berufsgewerkschaften befürchtet, wie kürzlich durch die Fluglotsen und Vorfeldmitarbeiter in Frankfurt. Auch da war die Empörung groß über die Macht von 200 Beschäftigten, den Betrieb auf Deutschlands größtem Flughafen zu beeinträchtigen. In zwei Streikwochen fielen 1500 Flüge aus, Zehntausende blieben am Boden.

„Hier ist der Gesetzgeber gefordert, weil Dritte geschädigt werden“, sagte dazu Waldhoff. „Die Interessen der Allgemeinheit werden bei Arbeitskämpfen in der Daseinsvorsorge nicht berücksichtigt.“ Um diese Interessen zu wahren, sei auch eine gewisse Einschränkung der grundgesetzlichen Koalitionsfreiheit gerechtfertigt, argumentieren die Juristen und schlagen ein entsprechendes Gesetz für den Bereich der Daseinsvorsorge vor.

Danach sollte eine Arbeitskampfmaßnahme nach Ansicht der Professoren nur erlaubt sein, wenn der Streik vier Tage vor Beginn dem betroffenen Arbeitgeber angekündigt wird. Beide Seiten, also Gewerkschaft und Arbeitgeber, müssen sich um eine Notversorgung kümmern. Wenn sie die Parteien nicht einvernehmlich auf diese Grundversorgung einigen können, übernimmt die Kompromissfindung eine Einigungsstelle.

Ferner wird eine Urabstimmung angeregt: Eine Streik wäre dann nur zulässig, wenn mehr als 50 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder sich an der Urabstimmung beteiligen und wiederum mehr als 50 Prozent der Teilnehmer dem Streik auch zustimmen. Außerdem wird eine Schlichtung vorgeschlagen und schließlich ein Mindestquorum von 15 Prozent: Ein Arbeitskampf wäre nur erlaubt, wenn das Ziel des Streiks mindestens 15 Prozent der Beschäftigten in dem Betrieb oder einer Branche betrifft. „Damit soll verhindert werden, dass kleine und besonders streikmächtige Gewerkschaften für die von ihr repräsentierten Arbeitnehmergruppen Sondervorteile erstreiten, die den anderen Arbeitnehmergruppen (...) nicht zugute kommen.“ Gäbe es das Gesetz bereits, hätten die Fluglotsen in Frankfurt nicht streiken dürfen.

Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund, die seit Jahren für die Koalitionsfreiheit kämpft, verurteilte den Gesetzesvorschlag der Professoren als „für die Praxis kollektiver Arbeitskonflikte vollkommen untauglich“. Vor allem aber seien die Ideen der Juristen mit „unserer Verfassung unvereinbar“.

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