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Wirtschaft: Einzelhandel fordert Nullrunde

Die Branchenverbände wollen in Tarifverhandlungen Öffnungsklauseln durchsetzen – Verdi lehnt das ab

Berlin - Der Einzelhandel muss sich in der bevorstehenden Tarifrunde 2005 auf langwierige und harte Auseinandersetzungen einstellen. Die Arbeitgeber fordern eine Nullrunde, längere Arbeitszeiten sowie Öffnungsklauseln für mehr Gestaltungsspielraum auf betrieblicher Ebene. Sollte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hier keine Zugeständnisse machen, drohen die Arbeitgeber aus dem Flächentarifvertrag auszusteigen. „Wir brauchen einen Systemwechsel, sonst ist der Flächentarif nicht mehr zu halten“, sagte Rainer Marschaus, tarifpolitischer Koordinator beim Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE).

Verdi hingegen fordert für die rund 2,4 Millionen Beschäftigten im Einzelhandel eine Lohnerhöhung von 3,5 Prozent. Zudem will die Gewerkschaft für die untersten Gehaltsgruppen einen Mindestlohn von 1500 Euro monatlich durchsetzen. Die Tarifverhandlungen für den Handel werden regional geführt. Etwa die Hälfte der 16 Tarifbezirke hat ihre konkreten Forderungen bereits vorgelegt. „Klar ist, dass es mit uns eine Nullrunde nicht geben wird“, sagte Rüdiger Wolff, Handelsexperte beim Verdi-Bundesvorstand, dem Tagesspiegel. Auch die anderen Forderungen der Arbeitgeber wies er zurück: „In der Tarifrunde 2005 werden wir nur über Entgelte verhandeln, alles andere ist in den Manteltarifverträgen geregelt“, sagte Wolff. Und die könnten erst Ende des laufenden Jahres, größtenteils sogar erst 2006 gekündigt werden.

Die Branchenverbände BAG und HDE wollen aber schon jetzt den Flächentarif durch mehrere Öffnungsklauseln neu gestalten. Flexiblere Arbeitszeitregelungen sollen eine 40-Stunden-Woche erlauben, Urlaubs- und Weihnachtsgeld an den Unternehmenserfolg gekoppelt werden.

Vor allem aber wollen die Arbeitgeber vertraglich festlegen, dass „Firmen vorübergehend von den tariflichen Standards abweichen können, wenn sich eine wirtschaftliche Notlage abzeichnet“, wie Friedrich Wilhelm Schlich, Vorsitzender des Tarifausschusses beim Handelsverband BAG, erklärte. Verdi lehnt eine solche Vereinbarung jedoch grundsätzlich ab. „Wenn ein Unternehmen in Schwierigkeiten ist, sind wir bereit, Sonderregelungen auszuhandeln“, so Wolff. Das habe Verdi nicht nur im Fall von Karstadt bewiesen. Dort hatte die Gewerkschaft einem Sanierungsplan zugestimmt, der den Abbau von 5500 Stellen vorsieht sowie tarifliche Gehaltserhöhungen bis Ende 2007 ausschließt.

Auf die Drohung der Branchenverbände aus dem Flächentarifvertrag auszusteigen antwortete Wolff ebenfalls mit einer Drohung: „Das sollten sich die Arbeitgeber gut überlegen, denn dann werden wir die Auseinandersetzung auf der betrieblichen Ebene austragen.“

Dagmar Rosenfeld

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