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Elektroantriebe: Deutschland verliert den Anschluss

Die deutschen Fahrzeughersteller klotzen auf der diesjährigen Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) mit ihren Konzepten für Elektroautos. Dabei spielten die Strom-Flitzer noch vor wenigen Jahren praktisch keine Rolle für sie. Das könnte sich rächen.

Deutschland hinkt der ausländischen Konkurrenz bei der Entwicklung von Elektroautos hinterher. Das zeigt zumindest eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey, die gestern im Bundesumweltministerium in Berlin vorgestellt wurde. Damit Deutschland nicht den Anschluss verliert, müsse die Politik künftig Kaufanreize für Elektroautos schaffen, lautet das Fazit.

„Auf der IAA gibt es jetzt viele Konzepte, aber die Konzepte müssen auch umgesetzt werden“, sagte Matthias Machnig, Staatssekretär im Umweltministerium, das die Studie in Auftrag gab. Als erstes Etappenziel schlägt die Studie vor, bis 2014 rund 100 000 Elektroautos auf die deutschen Straßen zu bringen. Dann würden nach und nach die Batterien günstiger werden, die die Autos bei ihrer Markteinführung laut der Studie noch rund 5000 Euro teurer machen als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. McKinsey schlägt darum vor, den Kauf von Elektroautos mit bis zu 5000 Euro zu fördern. Eine Idee, die Machnig unterstützt.

Schon im August, als das Bundeskabinett den Nationalen Entwicklungsplan für Elektromobilität beschloss, forderte das Umweltministerium ein Kaufanreizprogramm für Elektroautos. Die Regierung legte damals fest, wie die 500 Millionen Euro, die das Konjunkturpaket II für die Entwicklung von Elektroautos vorsieht, eingesetzt werden sollen. Demnach wird der Löwenanteil in die Forschung gesteckt. Auf konkrete Kaufanreize konnten sich die beteiligten Ministerien aber nicht einigen.

Die McKinsey-Studie solle nun verdeutlichen, wie wichtig es ist, in der nächsten Legislaturperiode die Weichen für ein Marktanreizprogramm zu stellen, sagte Machnig. „Die Elektromobilität ist eine Schlüsseltechnologie für die Entwicklung der deutschen Autoindustrie.“ Laut McKinsey erhalten in Deutschland potenzielle Kunden über den gesamten Lebenszyklus eines Elektroautos derzeit gerade einmal 45 Euro an steuerlichen Erleichterungen. Beim Spitzenreiter Dänemark seien es mehr als 20 000 Euro. „Wir sind spät dran“, sagte Renate Künast, Bundesvorsitzende der Grünen, dem Tagesspiegel. „Die USA fördern den Kauf von Elektroautos, Frankreich und selbst China geben Zuschüsse für den Kauf eines Elektroautos.“ Es sei falsch gewesen, fünf Milliarden Euro für die Abwrackprämie zu verprassen, statt den Technologiewechsel in der Autoindustrie zu unterstützen.

Die Angst, die Elektroautos könnten ein Jobkiller sein, hält McKinsey für unbegründet. An der deutschen Autoindustrie hängen derzeit rund 700 000 Arbeitsplätze. Allein der Markt für energiesparende Fahrzeuge könnte laut McKinsey 2020 ein Volumen von 470 Milliarden Euro erreichen. Einen großen Teil davon machten Hybridtechniken aus. Allein 110 Milliarden Euro entfielen aber auch auf reine Elektrofahrzeuge, erklärte Christian Malorny von McKinsey. Der Markt könnte 250 000 Stellen schaffen – ein Vielfaches der 46 000 Arbeitsplätze, die durch die Ausrichtung auf Elektroautos bei der Produktion von konventionellen Motoren wegfallen könnten.

Noch haben die deutschen Hersteller aber viel aufzuholen. Die Marktführer für Batterietechnik – Sanyo, Samsung und Sony – produzierten 2008 alle mehr als 500 000 Lithium-Ionen-Zellen. Die deutschen Spitzenreiter kommen zusammen nur auf rund 150 000 Zellen.

Ein Markt für die E-Autos wäre jedenfalls vorhanden. Eine aktuelle Umfrage des Verkehrsclubs Deutschland und der Verbraucherzentrale Hessen ergab, dass sich 70 Prozent der Kunden wünschten, dass die Automobilindustrie mehr klimaverträgliche Modelle anbietet. 60 Prozent fanden die erhältlichen Fahrzeuge allerdings zu teuer.

Issio Ehrich

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