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Eine Frau radelt auf einem Pedelec über das Messegelände.

© ZEG

Elektrofahrrad als Dienstfahrzeug: E-Bike fahren wird staatlich gefördert

Ein Dienstfahrrad? Ja, vor allem, wenn es staatlich gefördert wird. Ein Elektrofahrrad, das beruflich genutzt wird, kostet den Besitzer nur wenige Euro pro Monat. Anschub erbeten.

Von Maris Hubschmid

Thomas Haese düst an seinem Arbeitsplatz hin und her. Tempo 30, Tempo 32. Haese bremst, fährt wieder an und hat binnen Sekunden seine alte Geschwindigkeit zurück. Wieder rundherum geht es, und noch einmal und noch einmal. Haese arbeitet gründlich. Thomas Haese ist Fuhrparkmanager bei der Messe Berlin. An diesem Tag testet er Elektrofahrräder, sogenannte Pedelecs oder E-Bikes, für den Einsatz als Dienstfahrzeuge. Die Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft, kurz ZEG, Europas größter Fahrradfachhändler mit Marken wie Bulls, Pegasus und Zemo, tourt derzeit durch die Republik, um Unternehmen genau diese Verwendung schmackhaft zu machen. 16 Testräder bringt sie mit. Die Praxis soll überzeugen, wo die Theorie noch nicht richtig gefruchtet hat.

Dabei liefert die Theorie starke Argumente: Seit einem halben Jahr gilt das Dienstwagenprivileg auch für Fahrräder und E-Bikes. Das heißt: Sie genießen, wenn sie über den Arbeitgeber erworben werden, deutliche steuerliche Vorteile. Nur noch ein Prozent des Bruttolistenpreises muss versteuert werden. Der Arbeitgeber kann seine Mitarbeiter so günstig mit einem Extra bedenken, wenn Rang oder Budget für einen Audi oder BMW nicht ausreichen.

Und selbst, wenn er kein Geld in die Hand zu nehmen bereit ist, verhilft er ihnen leicht zu einem E-Bike. Least er ein Rad für den Angestellten, kostet das die Firma keinen Cent – und den Fahrradnutzer nur wenig. Die Leasingrate wird direkt vom Bruttogehalt abgezogen, das zu versteuernde Einkommen sinkt. Unterm Strich zahlt der Nutzer – je nach Verdienst und Typ des Pedelecs – nur noch 20 bis 30 Euro im Monat. Dafür ist das Rad auch schon versichert. Allein der Anschaffungspreis beträgt sonst 3000 Euro im Schnitt.

Es gibt Prämien, wenn Mitarbeiter mit dem Fahrrad kommen

Viele Unternehmen und Institutionen belohnen bereits mit Prämien, wenn Mitarbeiter mit dem Fahrrad zum Job kommen. Sie müssen weniger Parkplätze bereitstellen und gehen sicher, dass die Angestellten gut durchblutet und somit womöglich auch leistungsfähiger im Büro ankommen. Auch langfristig steigert Radfahren die Gesundheit und senkt den Krankenstand. Elektrofahrräder bieten als Fortbewegungsmittel noch andere Vorteile. „Besonders in einer Stadt mit den Dimensionen Berlins gibt es grenzwertige Entfernungen, die viele nicht mit dem Rad bestreiten wollen“, sagt Moritz Naujack, Leiter der Internen Kommunikation beim Vivantes-Konzern. „Das E-Bike kann den Unterschied machen, der die Mitarbeiter bewegt, sich morgens gegen das Auto zu entscheiden.“

Auch Naujack ist zum Testfahren gekommen. Beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club heißt es: „Vor allem bergauf und nach dem Anfahren an Ampeln ist ein zuschaltbarer Elektromotor eine willkommene Unterstützung für alle, die nicht verschwitzt im Büro ankommen wollen. Gerade für die wachsende Zahl älterer Arbeitnehmer.“

„90 Prozent aller Autofahrten in Deutschland sind Strecken unter sieben Kilometer“, weiß Franz Tepe, Marketingleiter der ZEG. Radfahrer entgehen Staus und der Parkplatzsuche oder überfüllten Bussen und Bahnen. Wer seinen Mitarbeitern ein E-Bike vor die Tür stellt, präsentiert sich überdies als moderner Arbeitgeber. „Zu Vivantes als Gesundheitsunternehmen passt das sowieso“, sagt Moritz Naujack. Nebenbei verbessere das Pedelec auch noch die CO2-Bilanz des Unternehmens.

Auch für Behörden könnte das Modell interessant sein

Ein schon recht erfolgreicher Leasinganbieter ist die Firma Leaserad, die bundesweit E-Bikes vermietet. Das Logistikunternehmen DHL und die Kosmetikfirma Weleda sind Kunden. In Berlin radeln Mitarbeiter der Veolia Wasser GmbH subventioniert mit Elektromotor. Der Chemiekonzern BASF erstand Anfang des Jahres 1500 E-Bikes für seine Mitarbeiter am Standort Ludwigshafen. In der Branche hofft man nun, dass andere Unternehmen nachziehen. ZEG-Leasingtochter Eurorad will den Markt erobern, indem sie – anders als Leaserad – auch voll für Reparaturkosten aufkommt.

Auch für Behörden könnte das Modell interessant sein. „In Amerika werden E-Bikes im großen Stil von der Polizei eingesetzt“, sagt Reiner Kolberg, Herausgeber der Internetplattform e-bikeinfo. Dabei ist der Markt dort längst nicht so weit wie in Deutschland. Hier erreichten 380 000 verkaufte E-Bikes 2012 bereits zehn Prozent Marktanteil – doch das ist vor allem der privaten Nachfrage geschuldet. „Ins Bewusstsein der Unternehmen sickert das nur langsam“, sagt Kolberg.

Thomas Haese dagegen ist sich der Vorteile schnell bewusst. Schon deshalb, weil sein Arbeitsplatz ungewöhnlich weitläufig ist. Eine Stunde dauert es zu Fuß, um das Messegelände in Berlin-Westend zu umrunden. In welchem Umfang man dort künftig E-Bikes bereitstellen kann – und wer sie nutzen darf –, will Haese jetzt klären. Derzeit, sagt er, „nehmen wir fast für jeden Weg das Auto“. Und das soll sich ändern.

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