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Auf dem Podium. Almuth Hartwig-Tiedt und Gernot Lobenberg.

©  Thilo Rückeis

Elektromobilität: Hauptstadt will Modell sein

Berlin hängt sich ein neues Aushängeschild um, es heißt: Elektromobilität. In verschiedenen Projekten wird die neue Technologie auf ihre Alltagstauglichkeit getestet.

Berlin - Almuth Hartwig-Tiedt (Linke) ist auf Tuchfühlung gegangen. Drei Monate fuhr die Staatssekretärin in der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft ihre Termine mit dem Elektroauto „Stromos“ von Suzuki ab. Sie wollte herausfinden, wie diese Zukunftstechnologie im Alltag funktioniert. „Ich denke, dieser Trend ist nicht mehr umkehrbar“, sagte sie begeistert am Dienstag beim eMobility-Summit des Tagesspiegel. Hartwig-Tiedt und der gesamte rot-rote Berliner Senat wollen die Elektromobilität nach Berlin holen. Die Hauptstadt und das Umland sollen zur nationalen und europäischen „Leitregion der Elektromobilität“ werden. Die Region möchte das nationale Schaufenster der Bundesregierung für die Zukunftstechnologie sein. Schon bald will die Nationale Plattform Elektromobilität eine Entscheidung fällen und fünf „Schaufenster“ in Deutschland eröffnen. Eines davon soll Berlin sein.

Die Chancen stehen dabei gar nicht mal schlecht. „Berlin ist schon jetzt die Hauptstadt der Elektromobilität“, sagte Gernot Lobenberg, Leiter der Berliner Agentur für Elektromobilität. Immerhin gibt es bereits zwölf Projekte, ein Fördervolumen von 80 Millionen Euro, über 100 Ladesäulen und etwa 250 Elektrofahrzeuge in der Stadt. Bis 2020 sollen es sogar 100 000 Fahrzeuge sein, die im Berliner Verkehr unterwegs sind und damit Deutschland als Leitmarkt für Elektromobilität präsentieren könnten.

Wie kaum eine andere Stadt verfügt Berlin mit drei Universitäten und vielen weiteren Forschungseinrichtungen sowie jungen Unternehmen über ein gut funktionierendes wissenschaftliches und wirtschaftliches Netzwerk. Genug Potenzial, um innovative Techniken voranzutreiben. Berlin bietet zudem die Voraussetzung, um Elektromobilität im Carsharing und im öffentlich Personennahverkehr einzusetzen und diese Verkehrsmittel aufeinander abzustimmen.

Auch Christian Guhl von der Dornier Consulting GmbH sieht in Berlin gute Voraussetzungen, um Schaufenster zu sein. So gebe es einen großen IT-Sektor und viele Web2.0-Unternehmen. Auch der Umstand, dass Berlin nicht der Sitz eines großen deutschen Autoherstellers ist, wird eher als Vorteil für die Hauptstadt gesehen. „So müssen wir zusammen Lösungen finden, kein Hersteller kann den Ton angeben“, sagte Thomas Schwarz vom Verband der Automobilindustrie (VDA).

Doch trotz aller guten Voraussetzungen hat Berlin den Zuschlag noch nicht bekommen. „Die Konkurrenz schläft nicht“, sagte Almuth Hartwig-Tiedt. „Momentan ist es auch noch schwierig, die Koordination hinzubekommen.“ Berlin brauche ein „Maßnahmenpaket“. Ein Punkt, dem auch Carl-Friedrich Eckhardt von Vattenfall und Andreas Knie von DB Rent zustimmten. Sie wünschen sich für die Zukunft nicht unbedingt finanzielle Hilfen, sondern flexible ordnungspolitische Entscheidungen.

Wichtige Impulse erhofft sich Hartwig-Tiedt von der Forschung, und sie setzt dabei auf die gezielte Innovationsförderung. „Die Mittel für die Elektromobilität stellen wir zur Verfügung“, sagte sie. Der Senat werde aber nicht ohne Bedingungen ein geplantes Demonstrationszentrum finanzieren. „Wenn Unternehmen sich dort dem Ausland präsentieren wollen, wünschen wir uns auch eine entsprechende Beteiligung“, sagte sie. Insgesamt weiß die Staatssekretärin, dass noch viel zu tun ist. „Wir stehen gerade erst am Anfang.“

Momentan ist Hartwig-Tiedt übrigens auf der Suche nach einem Nachfolge-Auto für einen weiteren Test. Diesmal sollte es aber ein etwas größeres Modell sein – dem Rücken ihres Fahrers zuliebe. Thorsten Scheimann

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