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Für viele gehören Knabbereien und Bier zum Fußballgucken dazu.

© dpa

EM-Marketing: Ein Stück vom Fußballkuchen

Lebensmittelhersteller geben zur Europameisterschaft viel Geld für Werbung aus – doch nicht jeder profitiert.

Im Falle eines Turniersiegs winkt jedem DFB-Spieler eine Prämie von 300 000 Euro. Das ganz große Geld aber wird abseits des Fußballfeldes gemacht. Vor allem Firmen der Lebensmittelindustrie trommeln im Fernsehen und in den Supermärkten für ihre Produkte. Nationalflagge und Fußballmotive zieren Erfrischungsgetränke, Chips und Süßigkeiten, denn wenn Millionen Fußball schauen, wird reichlich konsumiert.

Die Bierbrauerei Bitburger ist seit 1998 Sponsor der Deutschen Nationalelf. Die Strategie, die Marke zur EM verstärkt zu bewerben, dürfte für das Unternehmen ein sattes Zusatzgeschäft bedeuten. „Der Bierabsatz steigt im Vergleich zu Sommermonaten ohne Fußball um bis zu zehn Prozent“, heißt es beim Verband privater Brauereien.

Hersteller von Chips, Erdnüssen und Salzletten wie Lorenz und Funny Frisch fahren rechtzeitig zur EM Sonderschichten. Dem Marktforschungsunternehmen Nielsen zufolge steigt der Verbrauch salziger Snacks in Zeiten großer Fußballturniere um bis zu 20 Prozent.

Andere Lebensmittelbranchen dagegen können von der großen Fußballparty nicht unmittelbar profitieren. So werden Süßigkeiten beim Fußballschauen kaum verzehrt. „Der Schokoladenkonsum wird kaum von der EM beeinflusst“, sagt ein Sprecher des Branchenverbands Sweet Global Network. Der Konzern Ferrero macht sich die kollektive Begeisterung anderweitig zunutze. Den Produkten des italienischen Herstellers liegen seit 1982 zu allen großen Turnieren Sammelbildchen bei. Ohne Nougataufstrich keine Tore, machen die deutschen Spieler die Zuschauer in Fernsehspots glauben. Es gehe dabei wohl in erster Linie darum, das Image der – kalorienreichen – Produkte langfristig aufzupolieren, sagen Branchenkenner. Das Unternehmen äußert sich zur Marketingstrategie auf Nachfrage nicht.

Ähnlich motiviert ist wohl die Werbekampagne von Coca-Cola. Eine Hochphase für Softdrinkproduzenten sind Europa- und Weltmeisterschaften an sich nämlich ebenfalls nicht: „In unseren Absatzstatistiken machen sich Fußballevents bisher nicht bemerkbar“, sagt ein Sprecher des Branchenverbandes Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke. Schätzungen zufolge zahlte Coca-Cola – wie jeder der zwölf Hauptsponsoren – bei dieser EM eine Summe zwischen 30 und 40 Millionen Euro an die Uefa. Bereits seit 1998 sind die Amerikaner ununterbrochen bei allen Europameisterschaften präsent. „Durch die Werbung lassen sich Marktanteile hinzugewinnen“, kommentiert ein Konzernsprecher. Die exakten Auswirkungen des Sponsorings könne man nie genau bemessen.

Jens Gutsche, Marketing-Professor an der Hochschule Merseburg, sagt: „Die positive Stimmung beim Turnier kann sich auf das Produkt übertragen.“ Zudem werde die EM besonders stark von einer wichtigen Zielgruppe von Coca-Cola verfolgt – jungen Leuten.

Auffällig bleibt, dass ausgerechnet bei großen Sportereignissen vor allem ungesunde Produkte beworben werden. Studien, ob die Deutschen zur EM und WM dicker werden, gibt es aber nicht. Eine Sprecherin von Weight Watchers sieht keinen Grund zur Sorge: „Einen Kundenansturm nach den Turnieren gibt es bei uns jedenfalls nicht. Unser Programm hat nur einmal im Jahr Sonderkonjunktur, nach Weihnachten, im Januar.“

Ulrich Goll

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