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Die Zukunft auf zwei Rädern? Jedenfalls erfreuen sich Fahrräder mit Elektromotor auch hierzulande zunehmender Beliebtheit, einige hunderttausend sind schon unterwegs. Eine Verbreitung wie in China, wo inzwischen fast 150 Millionen E-Bikes fahren, werden wir vermutlich nicht schaffen.

© Thilo Rückeis

eMobility Summit: „Ohne Anreize geht es nicht“

Daimler-Chef Zetsche und der Plattform-Vorsitzende Kagermann träumen auf dem Tagesspiegel eMobility-Summit von einer CO2-freien Zukunft im Verkehr.

Berlin - Dieter Zetsche gibt dem Verbrennungsmotor noch ein halbes Jahrhundert. „Ich wage die Prognose, dass Autos in 50 Jahren kein CO2 mehr ausstoßen“, sagte der Daimler-Chef am Dienstag auf dem eMobility-Summit des Tagesspiegels. Derlei Vorhersagen genießt Zetsche mit Vorsicht. Man habe ihm schon nachgesagt, vom fliegenden Auto zu träumen, gab er zu bedenken. Doch ein Szenario hält Zetsche tatsächlich für „höchstwahrscheinlich“: Autos stoßen im Jahr 2061 kein Kohlendioxid mehr aus und sie werden von Brennstoffzellen angetrieben.

Ein langer Weg, räumte der Daimler- Chef ein, liegt allerdings noch vor der Autoindustrie. Nicht weniger als die Neuerfindung des Automobils sei notwendig, wenn die Menschheit in Zukunft elektromobil unterwegs sein wolle. Aber da kennt Daimler sich aus, schließlich erfand Carl Benz vor 125 Jahren das erste Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.

„Verblüffende Parallelen“ zog Zetsche zur Entwicklung des E-Autos. Von Begeisterung bis Ablehnung reiche auch heute das Spektrum der Emotionen; die Infrastruktur müsse erst aufgebaut werden, der geeignete „Treibstoff“ sei noch nicht ausreichend verfügbar. Ähnliches erlebte auch Carl Benz. Und: Auch ihm gelang das Auto nicht über Nacht, er brauchte viele Jahre.

Es ist viel zu tun, wenn das Ziel der Bundesregierung erreicht werden soll, bis 2020 eine Million elektrisch betriebener Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. Tut die Regierung, die an diesem Mittwoch ihr Förderprogramm verabschiedet, also genug? „Monetäre Anreize sind wichtig“, glaubt Zetsche. Eine Reihe steuerlicher und nicht-monetärer Anreize will die Regierung beschließen. Eine Kaufprämie gehört nicht dazu. Auch die NPE, die Nationale Plattform Elektromobilität, empfiehlt eine solche Prämie zur Ankurbelung der Nachfrage nicht. Ändere sich an den Rahmenbedingungen bis 2020 nichts, werde man „auf 500 000 Autos kommen, aber nicht auf eine Million“, sagte Zetsche. In der kritischen Phase, wenn der Markt zwischen 2014 und 2018 von 100 000 auf 500 000 Elektrofahrzeuge „hochlaufen“ soll, sei „vorstellbar, dass es nicht ohne direkte Kaufanreize geht“, sagte Henning Kagermann, Vorsitzender der NPE. Dabei stünden nicht dauerhafte Subventionen zur Diskussion. „Wir wollen den Markt nur anschubsen.“

Derzeit muss man nach Angaben Zetsches für Anschaffung und Betrieb eines Elektrofahrzeugs rund 11 000 Euro mehr aufbringen als für ein Auto mit Verbrennungsmotor. „Auch 2017 dürfte dieser Unterschied noch in einer Größenordnung von 5000 Euro liegen“, sagte Zetsche. Kagermann spricht von einem Kostenunterschied von aktuell 9000 Euro.

Vehement warnte der NPE-Vorsitzende davor, die Bedeutung der E-Mobilität zu unterschätzen. „Wir stehen vor einem Paradigmenwechsel, etwas Neues ersetzt das Alte“, sagte Kagermann. In einer Umbruchsituation, die die gesamte Gesellschaft betreffe, dürfe Politik nicht nach dem Lehrbuch gemacht werden. „Man kann ordnungspolitisch nicht ein oder zwei Jahre warten, bis einige Unternehmen das Investitionsrisiko eingehen.“

30 000 Arbeitsplätze habe die Industrie unter dem Strich bis 2020 zugesagt, wenn der Markt entsprechend stimuliert werde, hob Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Deutschen Autoindustrie (VDA), hervor. Das Regierungsprogramm sei „ein richtiger und strategisch innovativer Ansatz“ – und entspreche im Volumen (eine Milliarde Euro bis 2013) etwa den Vorstellungen der NPE, die bis 2014 etwa 1,5 Milliarden Euro kalkuliert hatte. Ob der Bund in einigen Jahren bei der Förderung nachlegen muss, dazu wollte Ursula Heinen-Esser, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, keine Zusagen machen. „Das Regierungprogramm muss jetzt schnell umgesetzt werden – auch mit Blick auf die globale Wettbewerbssituation“, sagte sie. „Elektromobilität ist kein Allheilmittel, aber sie bringt uns ein Stück weiter.“

Weiter gekommen ist die Autoindustrie derweil auch bei der Effizienzsteigerung von herkömmlichen Autos: 300 aktuelle Modelle aus deutscher Produktion verbrauchten weniger als fünf Liter und stießen weniger als 130 Gramm CO2 aus, sagte Matthias Wissmann. „20 bis 25 Prozent Optimierung beim Verbrennungsmotor sind bis 2020 noch möglich.“ Doch schon mit der heutigen Technik und beim aktuellen Strommix hat der Elektromotor einen Umweltvorteil gegenüber Diesel- oder Benzinmotoren. Daimler-Chef Zetsche zufolge stoßen E-Autos zehn bis 20 Prozent weniger CO2 aus.

Bis der Strom ins Auto gelangt (oder zurück ins Netz), muss freilich noch viel in die Infrastruktur investiert werden. Dabei könne die Elektromobilität von der Energiewende profitieren, weil sich der Strommix und die Netzausrüstung nun schneller veränderten, sagte Gernot Spiegelberg, Leiter der Konzeptentwicklung Elektromobilität bei Siemens. Auf Hindernisse stößt die Industrie vor allem in der Verwaltung – auch in Berlin. „Wir machen ernüchternde Erfahrungen“, sagte Ingo Alphéus, Geschäftsführer der RWE Effizienz GmbH. Von 150 im Jahr 2009 beantragten Ladesäulen seien bis heute nur 44 genehmigt worden.

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