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eRockit: „Wir wollen weltbekannt werden“

Stefan Gulas und sein Team produzieren in Marzahn Elektromotorräder, die mit Muskelkraft richtig schön in Schwung kommen.

Grüne Helden der Straße – so nennt Stefan Gulas die Fahrer seiner eRockit. Das von ihm entwickelte Elektro-Motorrad hat mehr von einem Fahrrad als dass es ein E-Bike ist: Es wird mit ein paar kräftigen Tritten in die Pedalen beschleunigt, mit zwei Handbremsen gestoppt und kommt ohne Gangschaltung aus.

Dass er mit seinem stylischen „Human-Elektro-Hybriden“ die vierrädrige Konkurrenz beim Start an der Ampel schnell hinter sich lässt – mit anderen Worten „abzieht“, ist ihm nicht ganz unwichtig. „Aber eigentlich brauche ich das nicht mehr“, sagt der Erfinder. Der Österreicher lässt es gerne auch mal etwas langsamer angehen, damit man seine patentierte Erfindung in ihrer auf Hochglanz polierten Schönheit auch angemessen bewundern kann. Seit 2010 produziert er das eRockit auf einem Gewerbehof am S-Bahnhof Marzahn. Zehn Mitarbeiter und einige Praktikanten sind hier beschäftigt. Von einer Serienproduktion kann man noch nicht sprechen. Aber der Trend ist eindeutig: Verkaufte die eRockit GmbH 2012 Jahr noch ganze fünf Fahrzeuge, sind es in diesem Jahr schon 150. „Und im nächsten Jahr rechnen wir mit drei-, vier-, fünfmal so viel“, schätzt Andy zur Wehme, der für das operative Geschäft zuständig ist. Gut zweieinhalb Millionen Euro wurden bereits in das Unternehmen investiert. Sie stammen aus Mitteln der Familie Gulas, von Gesellschaftern, der Investitionsbank Berlin sowie aus sogenannten Genussrechten. Letztere sind eine Mischform aus Unternehmensbeteiligung und festverzinslichem Wertpapieren. 2014 will Gulas die Gewinnschwelle erreichen.

Wie in einer gläsernen Manufaktur fällt der Blick des Besuchers in der Produktionshalle gleich auf die vier Montageböcke für den mechanischen Aufbau, weiter hinten in der Halle arbeiten Zweierteams an der Elektronik. In den Regalen lagern Einzelteile von Zulieferern aus aller Welt. Weil der Platz bald nicht mehr ausreicht, wird die Betriebsfläche in den nächsten Monaten von 750 auf 1250 Quadratmeter erweitert. In ein paar Jahren sollen schon mehrere Tausend Stück pro Jahr produziert werden.

„Wir wollen eine weltweit bekannte Marke werden“, sagt Gründer Stefan Gulas selbstbewusst. Auf dem Gebiet der Elektro-Motorräder ist Deutschland kein Vorreiter. Dort laut „Wirtschaftswoche“ eher Hersteller wie Zero Motorcycles, Brammo oder BRD aus den USA die Nase vorn. Traditionsmarken wie KTM aus Österreich, BMW und Honda ziehen nach. Vor allem der asiatische Markt mit seinen von Abgasen stark belasteten Megastädten ist für die Hersteller interessant. 2011 gingen von weltweit 17 Millionen verkauften E-Motorrädern und -Rollern 16,7 Millionen in Staaten wie China, Singapur oder Indonesien. Und da, im ganz großen Geschäft, will auch die eRockit GmbH mitmischen.

Derzeit arbeitet man Bestellungen von Kunden aus Deutschland, der Schweiz, Österreich, Dänemark und Holland ab. In diesen Ländern hat das Unternehmen Vertriebspartner. „Wir haben auch ein massives Interesse von Händlern aus Übersee und Vertriebsanfragen aus 39 Ländern“, berichtet Andy zur Wehme. Allerdings müsse dort zunächst erst einmal der Service sichergestellt werden.

Noch wird nur auf Bestellung produziert, mit einer Lieferzeit von vier Monaten. Am besten geht das grüne Modell, mit dem sich auch der Firmengründer im farblich abgestimmten Pullover am liebsten ins Bild setzen lässt. Ein Händler aus Holland hat gerade eine größere Zahl orangener Fahrzeuge geordert, außerdem gibt es die eRockit noch in Schwarz, Rot und Weiß.

„Die Leute sind heute näher dran an der Elektromobilität“, sagt Gulas, studierter Bergbau-Ingenieur sowie Selfmade-Unternehmensberater und Marketingexperte. Früher sei er mit seinem eRockit noch ein Exot gewesen, „sympathisch und lustig“, sagt der 42-Jährige, „da war Elektromobilität noch kein Thema. Aber ich wusste, das kommt irgendwann“, sagt er. Inzwischen wird er ernst genommen.

Seine typischen Käufer sind männlich. „Die Frauen schauen schon, wenn ein Kerl auf so einer heißen Kiste daherkommt. Ist eben nicht so eine proletige Männergurke“, sagt Gulas. Auf speziellen „Ladys Evenings“ wollen Gulas und zur Wehme nun auch die Damenwelt von dem sanften und einfach zu bedienenden Fahrzeug überzeugen, auf dem man so flott unterwegs ist. Das High-Tech-Bike entspricht dem Lebensgefühl der urbanen Mittelschicht, die Lust auf Fahrspaß ohne Reue hat.

Für rund 70 Cent ist die Lithium-Ionen-Batterie über die Haushaltssteckdose in dreieinhalb Stunden aufgeladen, damit kann man 50 bis 70 Kilometer fast lautlos durch die Stadt cruisen. Derzeit arbeitet das Team mit einem Ladegerätehersteller an einer Möglichkeit, die eRockit über die Solarmodule auf dem Hausdach aufzuladen, dann fährt es 100 Prozent CO2-frei. Auch ein Modell, bei dem durch das Treten gleich die Batterie aufgeladen wird, soll es irgendwann geben.

Der erste Ladies Evening steigt am 5. Juni, Anmeldung über per E-Mail an info@erockit.net

Susanna Hoke

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