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Wirtschaft: Empörung über Bar-Zahlung

Die gesetzlichen Krankenkassen haben gestern geschlossen mit scharfer Ablehnung auf die Einigung zwischen der Bundesregierung und der deutschen Pharmaindustrie reagiert, nach der die Unternehmen im kommenden Jahr 400 Millionen Mark pauschal zur Sanierung des Gesundheitswesens bezahlen. Diese Summe hatten die Unternehmen der Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) angeboten, wenn die im Gegenzug auf die staatlich verordnete Preisreduzierung für patentgeschützte Arzneien von vier Prozent verzichtet.

Die gesetzlichen Krankenkassen haben gestern geschlossen mit scharfer Ablehnung auf die Einigung zwischen der Bundesregierung und der deutschen Pharmaindustrie reagiert, nach der die Unternehmen im kommenden Jahr 400 Millionen Mark pauschal zur Sanierung des Gesundheitswesens bezahlen. Diese Summe hatten die Unternehmen der Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) angeboten, wenn die im Gegenzug auf die staatlich verordnete Preisreduzierung für patentgeschützte Arzneien von vier Prozent verzichtet. Die Bundesregierung hatte dieses Angebot schon im Vorfeld begrüßt.

Die forschenden Arzneimittelhersteller - das sind die großen Pharmaunternehmen, die besonders viele neue und teure Medikamente auf den Markt bringen und deshalb besonders viele Patente halten - hatten sich gegen die Preissenkungspläne der Ministerin gewandt, weil sie fürchteten, dass damit auch die Preise in Europa ins Rutschen kämen. Kritiker sehen indes im Angebot - und darin, dass es akzeptiert wurde - einen der unverschämtesten Beweise dafür, dass die deutsche Gesundheitspolitik von den Verbänden und nicht mehr von der Politik gemacht wird.

Vor allem die Krankenkassen wehrten sich am Freitag entschieden gegen den Handel: Sie pochen darauf, dass die Gesundheitsministerin ein Sparpaket im Wert von zwei bis drei Milliarden Mark zugesagt hätte, um die Beitragserhöhungen der Krankenkassen in einem erträglichen Rahmen zu halten. Durch die am Donnerstagabend im Kanzleramt verabredeten Vereinbarungen komme aber bestenfalls insgesamt eine Milliarde Mark zusammen.

Auch der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI), der 300 kleinere Pharmaunternehmen und Generikahersteller vertritt, reagierte empört auf den Handel: "Das ist eine Einigung der Großindustrie", sagte BPI-Sprecher Hermann Hofmann am Freitag. Dagegen habe das Abkommen für den Mittelstand schlimme Folgen. Durch das veränderte Verordnungsverhalten der Ärzte, die künftig das billigste Medikament verschreiben müssten, werde der Druck auf Generikahersteller, die Medikamente nach Ablauf des Patentschutzes als billige Kopie auf den Markt bringen, extrem wachsen, sagte Hofmann. "Viele Mittelständler werden das nicht überleben."

Die Folge des abgemilderten Arznei-Sparpakets sei ein zunehmender Konzentrationsprozess unter Generikaherstellern. Der Verband, der zu den Verhandlungen nicht eingeladen war, befürchtet, dass 20 000 Arbeitsplätze schon im kommenden Jahr wegfallen könnten. Wie der BPI lehnen auch Ärzteverbände den Deal zwischen den forschenden Arzneimittelherstellern und Gesundheitsministerin Schmidt ab. Sie befürchten, dass chronisch Kranke und ältere Patienten benachteiligt werden könnten.

Widerstand gegen einen anderen Teil des Sparpakets regt sich innerhalb der SPD. Offenbar fürchten mehrere SPD-Gesundheitsexperten, dass die geplante Regelung, dass Ärzte nur noch Wirkstoffe, nicht aber Medikamente verschreiben dürfen, Patientenklagen nicht standhält.

Dem gesamten Sparpaket droht zudem noch eine zeitliche Verzögerung, die sich wiederum verheerend auf die Einspareffekte auswirken könnte: Durch die zahlreichen Änderungen werde der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages das Paket nicht, wie geplant, am kommenden Mittwoch abschließend behandeln. Dadurch sei der geplante Termin des Inkrafttretens zum 1. 1. 2002 kaum noch zu halten, hieß es.

pet, uwe

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