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Wirtschaft: EnBW will ein Drittel der Stellen streichen

Neuer Konzernchef Utz Claassen räumt radikal auf – auch Salamander steht auf der Verkaufsliste

Berlin (fo). Dem viertgrößten deutschen Energieversorger Energie Baden Württemberg AG (EnBW) steht ein radikaler Sanierungskurs bevor. Nach Angaben des Betriebsrats sollen allein 3700 der 13 700 Arbeitsplätze im Kerngeschäft Energie gestrichen werden. Das wäre fast ein Drittel der Belegschaft des Strom und Gasversorgers. Die Maßnahmen zur Kostensenkung hätten damit schärfere Auswirkungen als bislang angenommen. Im Zuge des radikalen Umbaus will sich der Konzern auch vom Gebäudedienstleister Gegenbauer Bosse in Berlin trennen.

Ein EnBW-Sprecher wollte die vom Betriebsrat genannte Zahl nicht kommentieren. „Das ist kein Ergebnis von Verhandlungen“, sagte er auf Anfrage. Er bestätigte nur das Ziel des neuen Konzernchefs Utz Claassen, bis 2006 rund 350 Millionen Euro allein im Personalbereich einsparen zu wollen.

Claassen hat sich sehr ehrgeizige Ziele gesetzt. Insgesamt sollen die Kosten um eine Milliarde Euro in drei Jahren reduziert werden. Der neue Vorstandschef, der seinen Job erst im Mai von Gerhard Goll übernommen hatte, ist offenbar fest entschlossen, in seinem ersten Jahr bei EnBW mit sämtlichen Altlasten aufzuräumen. Anfang Juli sprach er „von erheblichen potenziellen Ertragsbelastungen“ und trug zugleich Vorsorge in der Halbjahresbilanz. Für die ersten sechs Monate wies der EnBW-Konzern einen Verlust von 927 Millionen Euro aus. Außerdem engagierte Claassen Kajo Neukirchen als Berater. Neukirchen hatte kurz zuvor seinen Chefposten bei der früheren Metallgesellschaft aufgegeben und gilt als harter Sanierer. Inzwischen sind Claassen und sein Vorgänger wegen des harten Kurswechsels auch öffentlich in Streit geraten. Goll hatte sich darüber beklagt, dass der EnBW-Großaktionär Electricité de France (34,5 Prozent) versprochene Investitionen zurückgehalten habe. Claassen wies diese Vorwürfe zurück.

EnBW hat laut Claassen drei große Probleme: Die unprofitable Tochtergesellschaft Salamander, der überteuerte Einstieg bei den Stadtwerken Düsseldorf (450 Millionen Euro für 29,9 Prozent) und die mangelhafte Rendite im Kerngeschäft Strom und Erdgas. Die Sparmaßnahmen beim Personal treffen denn auch hauptsächlich das Kerngeschäft. Am Montag hatte EnBW bereits die Betriebsvereinbarungen über Sozialleistungen wie das Weihnachtsgeld gekündigt.

Die Konzernleitung habe den Betriebsrat informiert, dass 3700 Arbeitsplätze abgebaut werden sollten, versicherte der Sprecher des Arbeitskreises der EnBW-Betriebsräte, Peter Neubrand, am Dienstag. Nach seinen Angaben sollen die Gespräche mit der Konzernleitung, am Donnerstag wieder aufgenommen werden. Die Einsparvorgabe im Personalbereich ist nach Meinung des Betriebsrats „nicht ohne betriebsbedingte Kündigungen machbar“.

Vorstandschef Claassen will die Kosten auch dadurch drücken, dass er die unübersichtliche Zahl der Beteiligungen im Konzern reduziert. Rund 143 der 395 Tochterfirmen sollen durch Zusammenlegung, Auflösung oder Verkauf verschwinden, möglichst noch in diesem Jahr. Der gesamte Konzern beschäftigt 38 000 Mitarbeiter. Versuche, sich von der Salamander AG zu trennen, sind bislang fehlgeschlagen. Salamander produziert und verkauft nicht nur Schuhe, sondern betreibt auch Parkhäuser (Apcoa) und bietet Dienstleistungen für Immobilien (Gegenbauer Bosse) an. Darüber hinaus stellt EnBW seine Beteiligung an der Firma Thermoselect, die ein spezielles Verwertungssystem für Müll betreibt, zur Disposition.

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