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Luftnummer. In Jänschwalde, einem der dreckigsten Kohle-Standorte, wollte Vattenfall 1,5 Milliarden Euro investieren .

© dpa

Ende einer Vision: Vattenfall beerdigt Pläne für CCS-Testkraftwerk

Der Widerstand war zu groß: Vattenfall will nun doch kein Kohlendioxid in Brandenburgs Böden pressen.

Vergangene Woche noch war es dem Finnen Tuomo Hatakka gelungen, seinen Frust über die Deutschen zu verbergen. Als oberster Vertreter des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall hierzulande schüttelte er auf der Jahresabschlussfeier in einem Restaurant in Berlin-Mitte die Hände hunderter Gäste. Lächelnd. Am gestrigen Montag gab er auf: Er fuhr nach Cottbus, dem Tor zum Tagebaurevier der brandenburgischen Lausitz, und zog einen Schlussstrich unter das wichtigste Zukunftsprojekt seiner vierjährigen Amtszeit: Den Bau und Betrieb eines Kraftwerkes zur Erprobung der CCS-Technologie, mit der man Kohlendioxid beim Verbrennen abscheiden, und unterirdisch lagern will.

„Wir müssen leider feststellen, dass es in der deutschen Bundespolitik derzeit keinen hinreichenden Willen gibt, die europäische Richtlinie so umzusetzen, dass ein CCS-Demonstrationsprojekt in Deutschland möglich würde“, sagte Hatakka am Montagabend. „Das ist ein herber Rückschlag für Innovation, Klimaschutz und die deutsche Wirtschaft.“ Er kündigte auch an, die Erkundung von möglichen Speichern in Brandenburg einzustellen. Im Ausland wie etwa in Großbritannien setze man aber weiter auf CCS. Zudem könnte nach 2020 auch in Brandenburg das Projekt noch verwirklicht werden.

Das war das Aus auch für das Demonstrationskraftwerk in Jänschwalde, wo Vattenfall 1,5 Milliarden Euro investieren wollte. Hatakka beendete so einen jahrelangen Streit, den er vor allem mit Bürgerinitiativen aus Brandenburg führte. Diese hatten selbst kleinste Versuche zur unterirdischen CO2-Speicherung in ihren Kommunen kategorisch abgelehnt. Die Konkurrenz von RWE hatte in Schleswig-Holstein ähnliches erlebt und ihr Projekt schon vor einem Jahr offiziell stoppen müssen – weil dort die CDU-geführte Landesregierung sich der Bürgerwut sofort angeschlossen hatte. Anders in Brandenburg: Hier bedauerte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) das Scheitern gestern. Er hoffe auf einen neuen Versuch ab dem Jahr 2025. „Wenn wir die Energiewende schaffen und den Industriestandort Deutschland nicht gefährden wollen, brauchen wir die Braunkohleverstromung als Brückentechnologie“, sagte er.

Das Aus ist auch seine Niederlage. Platzeck hatte fast als Einzelkämpfer für CCS geworben und darauf gedrängt, dass einzelne Bundesländer sich nicht pauschal zur CCS-freien Zone erklären können und Brandenburg zur Deponie wird. Doch ein entsprechendes CCS-Bundesgesetz scheiterte Ende September im Bundesrat. Im November vertagte sich der Vermittlungsausschuss zwei Mal ergebnislos. Damit fehlt weiter die Rechtsgrundlage, um diese Technologie im industriellen Maßstab zu erproben.

Vattenfall wollte in Jänschwalde, einem der dreckigsten Kohlestandorte Europas, eine Anlage mit einer Leistung von bis zu 380 Megawatt errichten. Es wäre die erste hierzulande und die bisher größte in Europa. Die EU hatte dafür bereits Fördermittel in Höhe von 180 Millionen Euro zugesagt, die jetzt nicht komplett in Anspruch genommen werden können. Vattenfall muss nun mit Brüssel verhandeln, ob das Unternehmen bereits erhaltene Gelder zurückzahlen muss.

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