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Prominenter Bauträger. Die Regierung will mit dem „bewohnbaren Prototyp“ innovatives Bauen und Elektromobilität verknüpfen.

© dpa

Eneregieeffizienzhaus: Im Schaufenster wohnen

Merkel eröffnet in Berlin ein Haus, das mehr Strom erzeugt, als es verbraucht. Bald zieht eine Familie ein.

Angela Merkel hätte am Mittwoch sicher gerne adhoc einen kleinen Klimawandel eingeleitet. Denn der strömende Dezember-Regen war eine denkbar unfreundliche Kulisse für die Präsentation eines besonderen Projektes der Bundesregierung: Zusammen mit Verkehrsminister Peter Ramsauer eröffnete die Bundeskanzlerin das Berliner „Energieeffizienzhaus Plus“.

Bei Sonnenschein produziert das Modellhaus über Solarzellen auf dem Dach und an der Fassade mehr Energie, als seine Bewohner verbrauchen. Mit dem überschüssigen Strom können direkt vor der Haustür (Fasanenstraße 87 in Charlottenburg) Elektrofahrräder oder -autos aufgeladen werden. In Reih und Glied hatten die Kooperationspartner ihre batteriebetriebenen Modelle in den Regen gestellt, von denen freilich nur eines – der Opel Ampera – auch schon zu kaufen ist: Smart, BMW, Audi, VW und eben Opel.

„Dieses Haus zeigt, was heute schon möglich ist“, sagte Merkel. In dem bewohnbaren Prototyp werde „energieeffizientes Bauen intelligent mit innovativer Mobilität verknüpft.“ Gebäude und Verkehr hätten zusammen einen Anteil von 70 Prozent am gesamten Endenergieverbrauch, sagte Ramsauer. „Da macht es Sinn, bei den Gebäuden anzusetzen, wenn man dieses Potenzial nutzen will.“ Das Berliner Gebäude vereine „moderne Architektur mit den Anforderungen der Energiewende“. Für letzteres ist die Bundesregierung verantwortlich, die Gestaltung des Baus übernahmen das Stuttgarter Ingenieurbüro Werner Sobek und das Institut für Leichtbau, Entwerfen und Konstruieren der Universität Stuttgart.

Per Knopfdruck erleuchteten Ramsauer und Merkel das zweistöckige Haus, das zu zwei Seiten hin komplett verglast ist. Auf den 136 Quadratmetern Wohnfläche soll von März 2012 an eine vierköpfige Familie ein Jahr lang leben. „Es gab 132 Bewerbungen, noch im Dezember wird eine Familie ausgewählt“, sagte Ramsauer. Die Bewohner sollen die innovativen Technologien des Hauses im Alltag nutzen – und sich dabei wissenschaftlich (und von neugierigen Passanten) beobachten lassen. So wurden alle Elektrogeräte nach ihrer Sparsamkeit ausgesucht. Die E-Autos werden von außen sichtbar in einem „Schaufenster“ aufgeladen. „Mein Haus – meine Tankstelle“, lautet das Motto des Bauherrn Ramsauer. „Ich will, dass dieses Haus kein Prototyp bleibt“, sagte der Bau- und Verkehrsminister.

Um weitere Häuser dieses Typs entstehen zu lassen, hat der Bund ein 1,2 Millionen Euro schweres Förder- und Forschungsprogramm aufgelegt, das vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung in Bonn koordiniert wird. Gefördert werden zunächst vorrangig Wohngebäude, die als Plusenergiehäuser konzipiert werden. Bis zu 70 000 Euro legt der Bund dazu, wenn sich die Bauherren wissenschaftlich begleiten lassen. Außerdem gibt es einen Investitionszuschuss von 20 Prozent (maximal 300 Euro pro Quadratmeter) für die Verwendung besonders innovative Technologien, etwa für die Ladung von E-Fahrzeugen.

„Nutzerstudien zeigen, dass die meisten Kunden ihr Elektroauto zu Hause oder am Arbeitsplatz laden“, sagte Kay Lindemann, Mitglied der Geschäftsführung des Autoverbandes VDA. Deshalb sei es wichtig, nicht nur im öffentlichen, sondern auch im privaten Raum Ladepunkte zu installieren.

Feierstimmung blieb bei der Hauseinweihung am Mittwoch nicht nur wegen des Dauerregens aus. Auch ein Trupp lautstarker Flughafen-Gegner („Keine Flugrouten über Müggelsee“) übertönte den Auftritt Merkels. „Auch wir sind Europa“, schallte es der Kanzlerin entgegen. Die zog es vor, hinter der Dreifach-Isolierverglasung des Effizienzhauses zu verschwinden und die Küchenausstattung in Augenschein zu nehmen.

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