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© dpa

Energie: Berliner setzen auf Sonne und Wind

In Energiefragen ticken die Regionen unterschiedlich. Laut einer Umfrage sind Berliner die größten Befürworter von erneuerbaren Energien. Schwaben können am ehesten mit Atomkraft leben.

Berlin - Die Bewohner der Hauptstadt sind laut einer Umfrage Deutschlands die größten Befürworter der erneuerbaren Energien. Und in Baden-Württemberg ist der Anteil der Menschen, die die Atomkraft als bevorzugte Energiequelle bezeichnen, am größten. Das ergab eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien, deren Ergebnisse dem Tagesspiegel exklusiv vorliegen. Die Demoskopen hatten von November bis Januar mit 4867 zufällig ausgewählten Personen ab 14 Jahren Telefoninterviews geführt.

Die Umfrage ergab ein regional sehr differenziertes Bild: Deutlich wurden Unterschiede zwischen Stadt und Land; auch die Erfahrungen, die eine Region mit speziellen Formen der Energieerzeugung – etwa dem Abbau von Kohle – hat, spielen dabei offenbar eine Rolle.

In Berlin zumindest gaben 86 Prozent der Befragten an, sie hätten am liebsten, wenn der Strom, den sie beziehen, aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne oder Biomasse käme. In den beiden anderen Stadtstaaten Hamburg und Bremen sind es mit 81 Prozent kaum weniger. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 78 Prozent. In Brandenburg gaben lediglich 74 Prozent der Befragten die erneuerbaren als Lieblingsenergiequellen an. In Mecklenburg-Vorpommern war der Anteil mit 66 Prozent am geringsten.

Wie angesichts dieser Ergebnisse zu erwarten, stehen die Berliner den fossilen Energieträgern besonders kritisch gegenüber: Der Anteil der Personen, die Erdgas oder Kohle als bevorzugte Energiequelle angaben, war mit fünf beziehungsweise einem Prozent in Berlin am niedrigsten. Die Brandenburger Nachbarn stehen der traditionellen Energieerzeugung viel positiver gegenüber: Dort nannten immerhin acht Prozent die Atomkraft als bevorzugte Energieform, so viel wie sonst nur in Baden-Württemberg mit neun Prozent. In Berlin liegt der Anteil der Atom-Fans bei vier Prozent. Auch der Brennstoff Kohle hat in Brandenburg einen relativ guten Stand, nur Saarländer stehen diesem Energieträger noch positiver gegenüber.

Die Befragung ergab zudem, dass die Ostdeutschen eher der Ansicht sind, dass man weiter stark in Kohle, Gas und Atomkraft investieren sollte. In Sachsen und Sachsen-Anhalt fordern das 27 Prozent, im bundesweiten Schnitt 19, in Bremen und Berlin nur 14 Prozent. Auch trauen Ostdeutsche dem technologischen Fortschritt weniger zu: Während 30 Prozent der Hamburger es „auf jeden Fall“ für möglich halten, dass der gesamte Strom irgendwann erneuerbar erzeugt wird, sind es in Sachsen nur 20 Prozent.

Die Bereitschaft, eine Anlage zur Energieerzeugung in der direkten Nachbarschaft zu akzeptieren, ist in der Hauptstadt relativ gering ausgeprägt: Nur 51 Prozent der Berliner würden demnach ein Windrad in Sichtweite akzeptieren, 39 Prozent ein Biomassekraftwerk, 15 Prozent ein Gaskraftwerk, ein AKW nur drei Prozent – so wenige wie nirgendwo in Deutschland. Saarländer und Baden-Württemberger haben mit der Energieproduktion vor der eigenen Haustür deutlich weniger Probleme.

Aus der insgesamt großen Präferenz der Deutschen für erneuerbare Energien leitet Jörg Mayer, Geschäftsführer der auftraggebenden Agentur für Erneuerbare Energien, auch ein Votum gegen die Atomkraft ab: „Bundesumweltminister Röttgen hat aus dieser deutlichen gesellschaftlichen Mehrheitsmeinung die richtigen Schlüsse gezogen, wenn er dafür plädiert, die konventionellen Kraftwerke möglichst rasch durch erneuerbare Energien zu ersetzen“, sagte Mayer dem Tagesspiegel.

Die Demoskopen fragten auch die Zufriedenheit der Bürger mit ihrer lokalen Energiepolitik ab. Dabei stellten die Berliner ihren Landes- und Bezirkspolitikern das schlechteste Zeugnis aus: Nur acht Prozent der Hauptstädter zeigten sich sehr zufrieden oder zumindest zufrieden mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien. In Brandenburg sind dies 29 Prozent. Zugleich sagten 32 Prozent der Berliner, sie seien mit der Energiepolitik weniger zufrieden oder sogar sehr unzufrieden. In Brandenburg sagten das nur 13 Prozent der Befragten.

Es lässt sich aber auch feststellen, dass Anspruch und Wirklichkeit weit auseinanderklaffen: Obwohl bundesweit rund 78 Prozent ihren Strom gerne erneuerbar erzeugt hätten, haben derzeit nur rund fünf Prozent der Haushalte einen Ökostromtarif gewählt. Allerdings ist die Bereitschaft zum Wechsel zuletzt gestiegen: Das Verbraucherportal Toptarif hat ermittelt, dass sich der Anteil der Wechsler hin zu einem Ökostromtarif innerhalb eines Jahres auf rund 20 Prozent verdoppelt hat.

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