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Energie: Die Sonne putzen

Die Erfindung eines Berliner Studenten säubert verschmutzte Solarkollektoren – und sorgt so für mehr Energie.

Berlin - Die arabische Wüste ist wie geschaffen für die Erzeugung von Solarenergie. Tausende von Kollektoren sind bereits im Einsatz, bald schon könnten es Millionen sein. Doch dummerweise gibt es dort außer einer Unmenge von Sonnenstunden auch eine Unmenge von Sand. Und der findet sich schnell auch da, wo die Betreiber von Solaranlagen ihn am allerwenigsten gebrauchen können: auf der Oberfläche der Sonnenkollektoren. Bis zu 13 Prozent mehr Energie könnten erzeugt werden, wenn es diese Schmutzbarriere nicht gäbe, haben Wissenschaftler der Berner Fachhochschule berechnet.

Der Berliner Maschinenbaustudent Ridha Azaiz beschäftigt sich seit Jahren mit den energiefressenden Problemkörnern – und hat eine Lösung gefunden. Sie ist gerade mal so groß wie ein Schuhkarton und sieht von oben auch so aus. Allerdings ist die Kiste aus Metall, hat an ihrer Unterseite eine Walzenbürste und im Inneren einen Elektromotor. Setzt man sie auf eine Solarzelle, säubert das Bürstchen die Oberfläche. Solarbrush hat der 25-jährige Entwickler seinen Zellenputzer getauft und will mit ihm die schmutzgeplagte Solarbranche aufwirbeln.

Bislang noch werden Solarzellen häufig per Sprinkleranlage mit Leitungswasser gereinigt. Optimal sei das nicht, sagt Bastian Ringsdorf vom Bundesverband Solarwirtschaft. „Leitungswasser enthält Kalk und Salze, die die empfindliche Oberfläche der Zellen angreifen.“ Ringsdorf, der im hessischen Merenberg selber eine Firma für Solarreinigung betreibt, verwendet deshalb ausschließlich Wasser, das vorher entmineralisiert worden ist. In einigen Solaranlagen sind die Mitarbeiter mit Besen oder Gummiabzieher auf den Kollektoren unterwegs. Auch das sei absolut nicht empfehlenswert, warnt Ringsdorf. „Das Gewicht halten die Zellen nicht lange aus.“ Umso spannender findet er die vier Kilo leichte Erfindung von Azaiz. Ob die weichen Bürsten auch mit dem zum Teil hartnäckigen ammoniakhaltigen Schmutz in unseren Breitengraden fertig werden, bleibe allerdings abzuwarten.

Azaiz selber ist optimistisch, auch wenn Solarbrush seine Runden bislang nur auf Messen und bei Wettbewerben dreht. Doch seit er nach langer Suche einen Investor für sein Projekt gefunden hat, geht es mit großen Schritten voran. Seit kurzem hat er ein eigenes Büro in einem eleganten Altbau an der Berliner Friedrichstraße – für Besprechungen mit potenziellen Kunden. Kein Vergleich zu dem Zimmer im Studentenwohnheim, in dem Azaiz seine Roboter zusammen geschraubt hat, um sie auf der eigenen kleinen Testzelle Hunderte von Proberunden drehen zu lassen.

„Bauen und tüfteln, das habe ich schon als Kind gern gemacht“, erzählt der gebürtige Stuttgarter, dessen Vater aus Tunesien nach Deutschland kam. „Das Interesse für Technik habe ich wohl von meinem Großvater geerbt“, sagt Azaiz. „Mit ihm habe ich auch damals schon über meine Ideen geredet.“ Seine Nachmittage verbrachte er gerne mit Schrauben, Bohrern und Kabeln. Mit 14 baute er seinen ersten Roboter. „In der Schule fanden viele das seltsam“, sagt er. Die Mitschüler konnten ja nicht ahnen, dass sich seine Idee ein paar Jahre später zu einer handfesten Geschäftsidee entwickeln würde. Mit zahlreichen Nebenjobs – zuerst in der Küche eines Restaurants, später am Lehrstuhl seiner Uni – hat er sich und seine Erfindung über Wasser gehalten. Damit hat er auch das teure Material und die Kosten fürs Patentamt finanziert. „Ich habe lange nach jemandem gesucht, der mich unterstützt“, sagt er und zuckt mit den Schultern. Mehrfach hatte er sich beim Bundeswirtschaftsministerium um Fördermittel bemüht – ohne Erfolg. Dabei ist der 25-Jährige Sieger beim Business-Plan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg und hat mehrere Jugend-forscht- Preise gewonnen.

Über Netzwerke und Besuche von Ingenieursmessen hat sich Azaiz mittlerweile auch in der Fachwelt einen Namen gemacht. Und seit er in Hannover einem Fernsehteam des arabischen Senders Al Dschasira in die Arme lief, melden sich regelmäßig Interessenten aus dem Orient bei ihm, die mehr über seine Erfindung wissen wollen. Wegen des großen Interesses hat er seine Homepage ins Englische, Spanische, Arabische und Chinesische übersetzen lassen. Dank seiner internationalen Mitbewohner aus dem Studentenwohnheim war das kein Problem. „Jetzt kann es losgehen“, sagt er. „Ich bin bereit.“

Das erste Mal verdient Azaiz jetzt auch Geld mit seiner Putzkiste, die im Verkauf rund 3000 Euro kosten soll: Ein Solarpark in Mannheim hat ihm seine Sonnenkollektoren für einen Langzeittest zur Verfügung gestellt. Dafür, dass die Zellen dabei sauber werden, bekommt Azaiz eine Vergütung. Dort muss Solarbrush zwar nicht mit Wüstenstaub fertig werden, dafür aber unter anderem mit typisch deutschem Herbstlaub. Miriam Olbrisch

Miriam OlbrischD

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