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Wirtschaft: Energie für das Depot

Was Verbraucher für Benzin oder Strom mehr zahlen müssen, können sie sich an den Börsen zurückholen

Für Anleger an der Stuttgarter Börse ist der Fall klar: Die Ölpreise sind so stark gestiegen, dass es bald wieder nach unten gehen muss. Und das gegen die geballte Meinung der Händler an den Märkten. Rune Hoffmann, Derivatefachmann der Börse: „Mittelfristig wird auf sinkende Ölpreise spekuliert.“ Aber vielleicht sollten Anleger auch Derivate als das sehen, was sie ursprünglich sind: als Versicherung. „Wer jetzt sichergehen will, dass beim Heizölkauf im Herbst nicht ein bestimmtes Preisniveau überschritten wird, der kann sich über Derivate absichern“, sagt Hoffmann.

Seit Mitte 2003 kennen die Preise an den internationalen Ölbörsen fast nur den Weg nach oben. Beim Strom ist die Entwicklung ähnlich. Und beim Gas rechnen Experten für Oktober mit der nächsten Preisrunde auf breiter Front – natürlich auch nach oben.

Wer sich die zusätzlichen Ausgaben zurückholen will, der hat mehrere Möglichkeiten. Er kann erstens direkt auf die weitere Entwicklung an den Ölbörsen (oder bei anderen Rohstoffen – siehe Kasten) spekulieren. Zweitens kann er sich über einzelne Aktien oder Fonds an den Unternehmen beteiligen, die von der Entwicklung profitieren. Schließlich haben sich die Aktien von Energieunternehmen überdurchschnittlich gut entwickelt (siehe Grafik). Drittens kann er indirekt spekulieren, etwa über den Kauf von Zertifikaten auf Verschmutzungsrechte, die zum Beispiel Stromkonzerne brauchen.

Die größten Gewinn-, aber auch Verlustchancen bieten Derivate, die auf den Rohölpreis ausgegeben werden. „Die Produkte sind sehr spekulativ. Anleger sollten sie nicht einfach ins Depot legen, sondern kontinuierlich beobachten“, sagt Stefan Gresse, Derivatespezialist bei der niederländischen Großbank ABN Amro. Das Institut ist einer der größten Emittenten für Ölderivate.

Je nach Risikofreude gibt es von der ABM Amro – aber auch von einer Reihe anderer Häuser wie die Baden-Württembergische Bank – zum einen Partizipationszertifikate. Sie entwickeln sich genau parallel zum Ölpreis. Daneben gibt es klassische Optionsscheine, deren Wertentwicklung sowohl von der Preisentwicklung beim Öl als auch von der Schwankungsbreite an den Ölbörsen abhängt. Mit ihnen kann man sowohl auf steigende (Call) als auch fallende (Put) Preise spekulieren. In der Laufzeit sind sie begrenzt.

Im Gegensatz dazu laufen so genannte Hebelzertifikate unbegrenzt. Minilongs setzen auf steigende, Minishorts auf fallende Preise. Sie können gegen einen Aufschlag auch gegen Währungsschwankungen abgesichert werden. Schließlich wird Öl in Dollar gehandelt. Je nach den Bedingungen hat das Zertifakt einen Hebel von eins bis 20. Das bedeutet: Im Extremfall verbucht der Anleger einen 20-mal höheren Anstieg als der Ölpreis – oder einen 20-mal stärkeren Einbruch. „Um die möglichen Verluste zu begrenzen, sind Hebelzertifikate mit Stopp- Loss-Grenzen ausgestattet. Sobald ein bestimmtes Preisniveau erreicht wird, endet die Laufzeit des entsprechenden Produkts, und der Anleger erhält einen Restwert“, sagt Gresse von ABN Amro.

Wem das Ganze zu kompliziert ist, der kann sein Geld auch in Unternehmen aus der Energiebranche stecken. Unter den Stromerzeugern ist Eon Favorit der Experten. Christian Götz, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), verweist vor allem auf die gute Bilanz. Unterm Strich sei der Konzern schuldenfrei – „im europäischen Vergleich einmalig“ – und in Osteuropa bereits so gut positioniert wie kaum ein Konkurrent. Daneben liegt die Dividendenrendite beim aktuellen Kurs bei gut drei Prozent, wobei der Konzern bereits eine kontinuierliche Erhöhung der Ausschüttung angekündigt hat. Das Urteil von Götz ist eindeutig: „Kaufen.“ Beim Öl rücken jetzt Werte in den Vordergrund, die etwas bei der Entwicklung hinter der Konkurrenz zurückgeblieben sind. Lange war zum Beispiel die französische Total ein Liebling der Analysten. Jetzt wird Shell, die lange unter den Folgen eines Bilanzierungsskandals litt, zunehmend als interessant angesehen.

Seit Anfang des Jahres können Privatanleger auch vom europaweiten Emissionshandel profitieren. Das Prinzip: Unternehmen, die das Treibhausgas CO2 (Kohlendioxid) ausstoßen, brauchen dafür jetzt Zertifikate. Wenn sie hingegen in umweltfreundliche Technologien investieren und CO2 einsparen, können sie ihre Zertifikate verkaufen. In den vergangenen Monaten ist der Zertifikatspreis für eine Tonne CO2 von rund sieben Euro auf zeitweise rund 30 Euro gestiegen. Derzeit liegt er bei etwa 22 Euro. Auch Privatleute können in das Geschäft einsteigen: So bietet die Dresdner Bank als europaweit erstes Institut „Dresdner Emissionsrechte Zertifikate“ an. Die Titel sind im Frankfurter Freiverkehr handelbar. CO2 gilt aber als äußerst riskante Anlageform. Schon kleine Wetterumschwünge beeinflussen den Preis. Regen bedeutet zum Beispiel, dass mehr Strom über Wasserkraft erzeugt werden kann. Dadurch sinkt die Nachfrage nach klimaschädlichem Kohlestrom und damit nach CO2-Zertifikaten – der Preis sinkt.

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