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Energie: Gasprom-Deal zulasten der Europäer

Der Bau einer neuen Gaspipeline, die von Turkmenistan am Ostufer des Kaspischen Meers über Kasachstan nach Russland führt ist seit Donnerstag beschlossene Sache. Die transkaspische Pipeline bedeutet das Aus für das europäische Röhrennetz Nabucco.

Moskau - Wenn Wladimir Putin tatsächlich nicht nur als neuer Premier, sondern auch als Vorsitzender des Gasprom-Aufsichtsrates vorgemerkt ist, wie Moskauer Zeitungen mutmaßen, dann war der Einstieg in den neuen Job nicht ganz gelungen: Der Bau einer neuen Gaspipeline, die von Turkmenistan am Ostufer des Kaspischen Meers über Kasachstan nach Russland führt und dort an das bereits bestehende Pipelinesystem angeschlossen wird, ist zwar seit Donnerstag beschlossene Sache. Die Arbeiten sollen bereits im Sommer beginnen, die neue Leitung soll ab 2010 jährlich bis zu 20 Millionen Kubikmeter transportieren.

Die Präsidenten der beiden zentralasiatischen Republiken, die früher auch zur Sowjetunion gehörten, hatten die Unterzeichnung des Vertrages aber von Preiserhöhungen für ihre Lieferungen an Gasprom abhängig gemacht: Moskau, das seinen Ex-Vasallen gegenwärtig 100 Dollar für 1000 Kubikmeter zahlt und bei der Weiterleitung nach Westeuropa das Doppelte kassiert, muss ab Januar 130 und ab Juli sogar 150 US-Dollar berappen.

Russland hat sich wohl darauf einlassen müssen, um Nabucco zu verhindern: eine Pipeline, mit der die EU sich unter Umgehung Russlands den Zugriff auf zentralasiatische und später auch iranische Vorkommen sichern will. Allerdings weiß niemand, wie groß die sind. Und überdies sicherte Russland sich schon 2001 über Gasprom den Löwenanteil der turkmenischen Förderung für die nächsten 25 Jahre. China hat bereits diverse Pipelineprojekte auf dem Weg gebracht. Vor allem mit Kasachstan, wo man bisher auch nicht so recht weiß, wie hoch die eigenen Vorkommen wirklich sind. Das Gleiche gilt für Usbekistan, wo Russland ein Vorkaufsrecht hat.

Damit sieht es schlecht aus für Nabucco und die Interessen der EU. Kasachstan und Aserbaidschan hatten zwar schon im August eine Absichtserklärung über den Bau einer Pipeline unterzeichnet, die über den Grund des Kaspischen Meeres und von dort weiter in die Türkei führen soll. Das Projekt hat jedoch mehrere Schönheitsfehler.

Auch in Aserbaidschan herrscht bisher keine Klarheit über das reale Volumen der Lagerstätten. Ferner streitet Aserbaidschan seit mehr als 15 Jahren über die Teilung der Kaspi-See. Zwar sollten mit Nabucco auch die Vorkommen im Iran angezapft werden. Doch das Vorhaben könnte an Sanktionen gegen Teheran scheitern. Hinzu kommt, dass die Nabucco-Pipeline einen fast anderthalbtausend Kilometer langen Umweg über Georgien machen muss. Denn Armenien hat seine Grenzen gleich nach der Unabhängigkeit 1991 dicht gemacht.

Das dürfte die Kosten, die schon jetzt mit 5,6 Milliarden Dollar kalkuliert werden, weiter nach oben treiben und Nabucco im Mai, wenn die fünf Mitglieder des Konsortiums endgültig über das Schicksal der Pipeline entscheiden, den Gnadenstoß versetzen. Grünes Licht für den ersten Spatenstich, der ursprünglich schon Anfang 2009 erfolgen sollte, wird es, wie die Vertreter beteiligter Unternehmen bereits warnten, nur geben, wenn das Vorhaben nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich Sinn macht. Die Zweifel daran sind in den vergangenen Monaten gestiegen. Elke Windisch

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