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Wirtschaft: Energiekonzerne gehen auf Einkaufstour

Eon prüft Übernahme des britischen Versorgers Scottish Power – die Neuordnung der Branche in Europa schreitet voran

Düsseldorf Der europäische Energiemarkt steht am Beginn einer neuen Fusionswelle. Deutschlands größter Energiekonzern Eon prüft nach eigenen Angaben ein Angebot von 15 Milliarden Euro für den britischen Versorger Scottish Power. In Spanien will der größte Gasversorger des Landes, Gas Natural, den führenden Stromkonzern Endesa für annähernd 23 Milliarden Euro übernehmen. Und unlängst hat bereits der französische Suez-Konzern angekündigt, Aktien der belgischen Electrabel für über elf Milliarden Euro kaufen zu wollen.

Der deutsche Branchenprimus Eon hatte am Montagabend nach wochenlangen Spekulationen sein Interesse an Scottish Power bestätigt. Allerdings sei die Prüfung noch in einer sehr frühen Phase, hieß es in einer Mitteilung des Düsseldorfer Unternehmens. Bislang gebe es keinen Kontakt mit der Führung von Scottish Power. Scottish Power bestätigte dies am Dienstag. Großbritanniens fünftgrößter Versorger wird an der Börse mit umgerechnet 14,7 Milliarden Euro bewertet. Er würde ins Portfolio von Eon passen, weil das Versorgungsgebiet direkt an die britischen Aktivitäten von Eon anschließt. Nach Informationen aus Bankenkreisen befinden sich die Pläne aber tatsächlich in einer sehr frühen Phase. Eon analysiere Scottish Power zwar schon lange, mit einem konkreten Vorstoß sei aber erst im nächsten Jahr zu rechnen, hieß es.

In Spanien wehrt sich der Stromriese Endesa mit aller Macht gegen eine feindliche Übernahme durch den wesentlich kleineren Gasversorger Gas Natural. Das Angebot ist in jeder Hinsicht feindlich, sagte am Dienstag ein Unternehmenssprecher. Endesa lehne die Offerte kategorisch ab und werde sich zur Wehr zu setzen. Spaniens sozialistische Regierung steht der Transaktion dagegen positiv gegenüber. Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero favorisiert seit längerem einen nationalen Champion im Energiebereich. Gas Natural hatte am Montagabend angekündigt, Endesa für insgesamt 22,5 Milliarden Euro übernehmen zu wollen. Damit würde Gas Natural – am Börsenwert gemessen – zum viertgrößten Energiekonzern Europas aufsteigen, nach Eon, der italienischen Enel und RWE.

Die Übernahmepläne machen deutlich, dass Europas Energiemarkt vor einer Konsolidierung steht. Der Markt tritt in eine neue Phase ein – die Versorger haben genug Luft geholt, um wieder zu wachsen, sagt Berthold Hannes, Energieexperte der Unternehmensberatung A.T. Kearney. Die Kassen der Unternehmen sind gut gefüllt, pflichtet Michael Hegel von der Privatbank Sal. Oppenheim bei.

Die Prognosen der Branchenexperten sind im Kern identisch: Mittelfristig wird der europäische Markt von wenigen Großkonzernen bestimmt. Strittig ist nur, wer selbstständig bleibt. Fünf bis acht große Player dürften es letztlich sein, wagt A.T.-Kearney-Experte Hannes eine Prognose. Die deutschen Marktführer Eon und RWE werden dazu gehören, der italienische Marktführer Enel, ein spanischer Konzern, Electricité de France, vielleicht ein weiterer Franzose und der schwedische Vattenfall-Konzern.

Anlass für die Fusionsphantasien ist die Liberalisierung der europäischen Energiewirtschaft. Bis 2007 soll aus den nationalen Märkten ein einheitlicher Markt werden. Privat- und Industriekunden sollen sich dann ihre Anbieter in allen Ländern frei wählen können, der Handel von Strom- und Gas soll über die Landesgrenzen hinweg laufen. Dass bis dahin die Marktmacht der heimischen Versorger tatsächlich gebrochen wird, ist zwar kaum zu erwarten. Mit einer verstärkten Konkurrenz aus dem Ausland dürfen diese aber zweifelsohne rechnen – aber auch mit zusätzlichen Chancen. Die Preise, die derzeit geboten werden, sind zwar hoch. Die möglichen Synergieeffekte nach Einschätzung der Branchenexperten aber auch. Für die Verbraucher muss die Konzentrationswelle laut A.T.-Kearney-Berater Hannes nicht von Nachteil sein. Zwar werde es insgesamt weniger Spieler in Europa geben, aber die würden sich über die Grenzen hinweg engagieren. juf/HB

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