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Energieriesen: Rätsel um künftige Macht bei Gasprom

Russlands Präsident Putin will offiziell nicht mehr Aufsichtsratschef werden. Dafür steht der neue Premier ganz oben auf der Liste.

Moskau - Einige Würfel sind gefallen: Von den ursprünglich 42 Bewerbern für den Aufsichtsrat des russischen Energiekonzerns Gasprom sind nur noch 19 übrig. Zu vergeben sind elf Posten, wenn auf der Hauptversammlung am 27. Juni neu gewählt wird. Der Name von Präsident Wladimir Putin, den Medien bereits als neuen Aufsichtsratschef handelten, ist nicht darunter. Ganz oben auf der Liste der Bewerber für die sechs Aufsichtsräte, die der Staat als Mehrheitseigner ernennen darf, steht dafür Viktor Subkow, den Putin im September zum Premier ernannt hatte. Nun wird spekuliert, dass Subkow den bisherigen Gasprom-Aufsichtsratschef und Präsidentschaftskandidaten, Dmitri Medwedjew, ablösen könnte.

Einige russische Medien halten seine Wahl für ausgemacht. Mit Subkow sind Putin und seine Landsleute gleichermaßen zufrieden. Letztere wegen sozialer Wohltaten, die sie Subkow zu verdanken haben. Ersterer, weil der farblose Apparatschik Putin gegenüber hundertprozentig loyal ist: Kaum, dass Putins wahrscheinlicher Kronprinz Medwedjew sich den gegenwärtigen Kremlherrscher als neuen Premier wünschte, bot Subkow seine Demission an. Russlands Verfassung verlangt nach Präsidentenwahlen den Rücktritt des Regierungschefs, der automatisch die Entlassung der gesamten Ministerriege nach sich zieht. De facto führt die alte Regierung die Amtsgeschäfte jedoch bis zur Vereidigung des neuen Staatschefs weiter. Dessen Amtseinführung ist für Anfang Mai geplant.

Bis zur Neuwahl des Gasprom-Aufsichtsrates sind es dann aber noch gut sechs Wochen. Beobachter halten es daher für möglich, dass Subkow – gleich nachdem er seinen Sessel für Putin geräumt hat – anstelle von Medwedjew in das Gasprom-Kontrollgremium einzieht.

Eben dieses Szenario hält die Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ jedoch für zu simpel. Die Personalie Subkow, schreibt das Blatt, sei nur ein Ablenkungsmanöver. Putin stehe für den Gasprom-Posten nach wie vor zur Verfügung. Er wolle jedoch den Machtransfer im Kreml möglichst geräuschlos durchziehen und werde sich daher erst nach der Vereidigung seines Nachfolgers aus der Deckung wagen.

Experten seien überhaupt der Auffassung, es sei unwichtig, wer das Amt formell innehabe, schreibt die Zeitung „Kommersant“. Real werde der Konzern weiter unter Kontrolle Putins bleiben. Der Chef des Instituts für Energiepolitik, Wladimir Milow, sagt sogar, er habe erfahren, dass der Gasprom-Vorstand selbst die Ernennung von Managern der mittleren Ebene von Putin absegnen lässt. Reale Veränderungen an der Spitze des Konzerns erwartet er daher frühestens für 2009. Elke Windisch

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