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Energievorkommen: Bolivien verstaatlicht Erdgasindustrie

Nach der Verstaatlichung der Erdöl- und Erdgasindustrie hat Boliviens linksgerichteter Präsident Evo Morales die Nationalisierung weiterer Wirtschaftszweige angekündigt.

La Paz - "Wir haben gerade erst angefangen, und es gibt noch viel zu tun", sagte er vor tausenden jubelnder Anhänger am Sitz der Regierung in La Paz. "Schon bald werden die Minenunternehmen, die Forstwirtschaft und alle anderen nationalen Reichtümer, für die unsere Vorfahren gekämpft haben, an die Reihe kommen", fügte der im Dezember vergangenen Jahres als erster Indio zum Präsidenten des südamerikanischen Landes gewählte Morales hinzu.

Morales bezeichnete die Verstaatlichung als Akt der "nationalen Souveränität". Diese werde der Konjunktur helfen und Arbeitsplätze in Bolivien schaffen. Das Land gehört zu den ärmsten auf dem südamerikanischen Kontinent; rund 70 Prozent der Bolivianer leben unterhalb der Armutsgrenze. Der linksgerichtete Morales hatte vor seiner Wahl im Dezember versprochen, einen größeren Anteil der Einnahmen am Energiegeschäft der verarmten Bevölkerung zugute kommen zu lassen.

Zugleich warnte er die im Land tätigen internationalen Erdöl- und Erdgaskonzerne, die Verstaatlichung werde "notfalls mit Gewalt" durchgesetzt. Das Militär und die Polizei besetzten im Laufe des Tages landesweit 56 Erdöl- und Erdgasfelder sowie zwei Raffinerien, um die "Anlagen zu schützen", sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur dpa.

Morales hatte den Konzernen eine Frist von 180 Tagen gesetzt, um neue Verträge über die Ausbeutung der Vorkommen auszuhandeln. "Wenn sie sich daran nicht halten, sollen sie ruhig gehen", sagte er im Hinblick auf die betroffenen multinationalen Konzerne Petrobras aus Brasilien, das spanisch-argentinische Unternehmen Repsol-YPF, BP und British Gas sowie Total aus Frankreich.

Exxon prüft weiteres Vorgehen

Der weltgrößte Ölkonzern ExxonMobil prüft nun sein weiteres Vorgehen. "Wir analysieren die Situation. Für eine Einschätzung ist es aber noch zu früh", sagte Konzernsprecher Bob Davis am Montagabend (Ortszeit) in Houston. ExxonMobil ist mit 34 Prozent an dem Erdgasfeld Itau beteiligt, das von der französischen Total entwickelt wird.

Bolivien hat nach Venezuela die zweitgrößten Gasvorkommen in Lateinamerika. Das Land produziert täglich mehr als 40.000 Barrel Rohöl. Die Ausbeutung der Öl- und Gasvorkommen macht etwa 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich besorgt. Zwar sei die Reichweite der Beschlüsse noch nicht klar. Die Entwicklung sei aber keine günstige Ausgangsbedingung für Boliviens Wirtschaftsbeziehungen mit den Nachbarstaaten und für den wirtschaftlichen Austausch mit Europa, sagte Steinmeier am Rande seines Besuches in Chile.

Morales hatte erst am Samstag in Havanna mit den ebenfalls linksgerichteten Staatschefs von Kuba und Venezuela, Fidel Castro und Hugo Chávez, ein ausdrücklich gegen die USA gerichtetes Handelsabkommen geschlossen. Der von dem Trio unterzeichnete Vertrag richtet sich gegen die US-Pläne für eine panamerikanische Freihandelszone. (tso/dpa/AFP)

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