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Braunkohlekraftwerk. Im vergangenen Jahr ist der Anteil der Braunkohle am Energiemix um fünf Prozent gesteiegen.

© dpa

Energiewende und Kraftwerke: Fehlende Anreize

Die wegfallenden Kapazitäten der Kernkraftwerke müssen ersetzt werden. Doch die Kraftwerksbauer klagen über die Rahmenbedingungen.

Die Zahlen, die die AG Energiebilanzen Ende Februar zum Energieverbrauch in Deutschland im Jahr 2011 vorlegte, spiegeln es wider: Die Abschaltung von acht Atomkraftwerken nach dem Super-GAU in Fukushima hat die Stromerzeugung eingeschränkt. Demnach stand einem nur minimal gesunkenen Verbrauch von 608 Milliarden Kilowattstunden Strom eine um 2,2 Prozent auf 614 Milliarden Kilowattstunden gesunkene Bruttostromerzeugung gegenüber. Dem Rückgang der Kernenergie um mehr als 23 Prozent habe dabei ein Anstieg der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien um fast ein Fünftel sowie aus Braunkohle um knapp fünf Prozent gegenübergestanden.

Versorgungsengpässe scheinen dennoch vorerst unwahrscheinlich: Nach Angaben der Bundesnetzagentur stehen dem Rückbau von 17 Kraftwerkseinheiten mit einer Nettoleistung von knapp vier Gigawatt bis 2014 die Neuaufnahme von 26 Einheiten mit rund zwölf Gigawatt gegenüber. Langfristig sollen nach einem Papier der Bundesministerien für Umwelt und Wirtschaft „flexible fossile Kraftwerke“ die wegfallenden Kapazitäten aus Kernkraftwerken auffangen und zum Ausgleich der schwankenden Stromerzeugung aus Erneuerbaren beitragen. Das würde vor allem einen Ausbau der Verstromung von Erdgas bedeuten – im Jahr 2011 mit rund 20 Prozent am deutschen Energiemix beteiligt. Neben den im Bau befindlichen Kraftwerken soll es bis 2020 zu einem weiteren Zubau in der Größenordnung von zehn Gigawatt bei allen fossilen Energieträgern kommen. Der Schlüssel dazu: eine Novelle des Gesetzes zur Kraft-Wärme-Kopplung, das mehr Investitionsanreize bieten soll, sowie das Kraftwerksförderprogramm der EU, das ab 2013 greift.

Der Kraftwerksbranche ist all das zu wenig. „Der Markt hat keine Preissignale, die den Bau attraktiv machen“, sagt Siemens-Sprecher Alfons Benzinger. Da nach heutigen Vergütungsmodellen vor allem die Erzeuger erneuerbarer Energien von nachfragebedingten Preishochs profitierten, sei es nötig, den Zubau gesicherter Leistung gesondert zu vergüten. „Wir brauchen neue Anreize“, sagt auch Stephan Kohler von der Deutschen Energie-Agentur. Zudem müsse in der Bevölkerung die Akzeptanz für die Energieerzeuger wachsen, denn an fehlender Akzeptanz sei im Februar auch der Plan für ein Gaskraftwerk in Wustermark bei Berlin gescheitert – es hätte eine Leistung von 1,2 Gigawatt erbracht.

Die Bundesregierung bleibt entspannt. Es solle „grundsätzlich aus dem Markt heraus“ entschieden werden, zu welchem Anteil fossile Kraftwerke betrieben werden, teilte das Wirtschaftsministerium auf Anfrage des Tagesspiegels mit. jos

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