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Stefan Kapferer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).

© Mike Wolff/Tagesspiegel

Energiewende: Verbändestreit um große Stromtrassen

Der Spitzenverband der Energiewirtschaft ist sauer auf die Stadtwerke. Die hatten den Ausbau der Nord-Süd-Hochspannungsleitungen in Frage gestellt.

Zwischen zwei der wichtigsten deutschen Energieverbände gibt es offenen Streit um den Bau der geplanten Hochspannungsleitungen bis 2025. Stefan Kapferer, Hauptgeschäftsführer des Spitzenverbandes BDEW, bezeichnete es am Freitag in Berlin als „brandgefährlich“, dass Josef Hasler,  Vorstandsvorsitzender des Nürnberger Versorgers N-Ergie und in den Führungsgremien des Stadtwerkeverbandes VKU aktiv, den Bau einiger Trassen zuvor in Frage gestellt hatte. „Das ist genau der falsche Ansatz“, sagte Kapferer, der bis September 2014 Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium gewesen war. Die geplanten Trassen seien essenziell für den Transport von Windstrom aus Nord- nach Süddeutschland und damit für das Gelingen der Energiewende.

Es sei ihm auch schleierhaft, warum der VKU schon seit Monaten gegen die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) schieße. Natürlich seien im VKU nicht die großen ÜNB, sondern die kleineren, aber zahlreicheren Verteilnetzbetreiber Mitglied. Einen solchen Konflikt aufzubauen, sei aber für die Branche kontraproduktiv.

FDP-Mitglied Kapferer griff in seiner Bilanz der zu Ende gehenden Legislaturperiode aber auch die Bundesregierung an. Bei den Themen Kraft-Wärme-Kopplung, Eigenkapitalverzinsung für Netzbetreiber, Erdverkabelung und Speicher habe die große Koalition durch ihre Gesetzgebung nicht für Verlässlichkeit und Investitionssicherheit gesorgt.

Forderungen an die nächste Bundesregierung

Für die nächste Legislaturperiode stellte Kapferer diese Forderungen auf:

1. Marktdesign für erneuerbare Energien: Kapferer sagte, der amtierende Wirtschaftsstaatssekretär Rainer Baake (Grüne) liege mit seiner Einschätzung falsch, dass die jüngsten EEG-Reformen für mehrere Jahre Ruhe sorgen würden. Vielmehr hätten die Ausschreibungen für Offshore-Wind gezeigt, dass die Einsparpotenziale noch viel größer seien, als jeder erwartet hätte. Der BDEW möchte das EEG bald überwinden. Zwischenschritte könnten technologieneutrale und grenzüberschreitende Ausschreibungen sein. Kapferer sagte zudem, die Deckelung des Offshore-Ausbaus sei nur solange sinnvoll, wie der Netzausbau noch nicht weit genug vorangeschritten sei. Anschließend wäre Deutschland „bekloppt“, auf kostengünstigen Offshore-Windstrom zu verzichten.

2. Level playing field für Sektorkopplung: Die Abgaben und Steuern auf Strom sind nach Ansicht des BDEW viel zu hoch. Eigentlich seien sich ja alle Akteure einig, dass Strom ein Wachstumsprodukt sei, sagte Kapferer. Deshalb schlägt der BDEW vor, die besondere Ausgleichsregelung für energieintensive Unternehmen nicht mehr vom Stromkunden, sondern vom Steuerzahler finanzieren zu lassen. Das sei verteilungsgerechter. "Es ist ja nicht einzusehen, dass der Hartz-IV-Empfänger genauso viel beiträgt wie der Geschäftsführer", sagte Kapferer. Außerdem sollte die Stromsteuer auf das EU-zulässige Minimum abgesenkt werden. Durch beide Maßnahmen zusammen könnte der Strompreis um 3,65 Cent je Kilowattstunde sinken. Für die öffentlichen Haushalte ergäbe sich eine Mehrbelastung von 11 Milliarden Euro. Dafür sollten Kraftstoffe im Mobilitätssektor höher belastet werden, forderte Kapferer.

3. Klimaschutzziel 2030: Kapferer verwies auf das „Riesenpotenzial“ im Heizungskeller. Die meisten Anlagen in Deutschland seien völlig veraltet. Hier anzusetzen sei die kostengünstigste Art, CO2 einzusparen. Die bisherigen KfW-Programme funktionierten nicht, sie seien zu bürokratisch. Deshalb sei die steuerliche Absetzbarkeit der Heizungsmodernisierung so wichtig. Mit Einnahmeausfällen von etwas mehr als 600 Millionen Euro im Jahr gehe es um „Peanuts“. Umso unverständlicher sei es, dass Bund und Länder sich bisher nicht hätten einigen können. Kapferer sagte weiter, Kohlekraftwerke müssten schneller durch solche mit Gas als Brennstoff ersetzt werden. Einen Kohleausstieg nach der Bundestagswahl mit einem Enddatum 2050 zu beschließen sei „kein Problem“. Die Kohleunternehmen bräuchten nur Planungssicherheit.

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