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Energiewirtschaft: RWE kennt keine Krise

Anders als der Branchenführer Eon hat der zweitgrößte deutsche Energiekonzern RWE seinen Gewinn im ersten Quartal gesteigert. Die Gaspreise sollen jetzt zum dritten Mal im Jahr fallen.

Düsseldorf - RWE kommt mit der Wirtschaftskrise besser zurecht als Konkurrent Eon. Zwar muss auch Deutschlands zweitgrößter Energiekonzern seinen Absatz an Industriekunden drosseln. Im Gegensatz zur Nummer eins, Eon, schlägt sich das bei RWE aber noch nicht spürbar im Ergebnis nieder.

Im ersten Quartal sank RWEs Stromabsatz an Industriekunden in Deutschland zwar um knapp zehn Prozent – und im Ausland ist die Entwicklung ähnlich, wie Finanzvorstand Rolf Pohlig am Donnerstag bei der Vorlage des Zwischenberichts einräumte. Nach seinen Worten ist das für den Konzern aber weitgehend unproblematisch, weil die Unternehmen sogenannte „Take-or-Pay“-Verträge abgeschlossen hätten. Deshalb müssten sie selbst dann bezahlen, wenn sie die im Voraus vereinbarten Mengen nicht abnehmen könnten. „Ein Rückgang des Absatzes bedeutet nicht gleich einen Rückgang des Ergebnisses.“

Konkurrent Eon hatte sich am Vortag noch anders geäußert. Auch beim Branchenführer ist der Absatz an Industriekunden um bis zu zehn Prozent eingebrochen. Er sieht aber auch schon einen deutlich negativen Effekt der Wirtschaftskrise auf das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit), den Finanzvorstand Marcus Schenck mit 170 Millionen Euro bezifferte. Grund seien unter anderem Forderungsausfälle, zwei Großkunden seien insolvent. Außerdem müsse Eon Mengen, die man zur Absicherung von Lieferverpflichtungen eingekauft habe, zu niedrigeren Preisen wieder verkaufen. „Ich sehe mich nicht in der Lage, so eine Zahl zu produzieren“, sagte Pohlig. Zum einen sei es schwierig, den Effekt durch die Wirtschaftskrise zu isolieren. Zum anderen agiere RWE traditionell vorsichtig im Großhandel und habe sich am Terminmarkt gut abgesichert.

Im Gegensatz zu Eon konnte RWE das Betriebsergebnis auch steigern. Das Ebit verbesserte sich um fünf Prozent, während Eon ein Minus von fünf Prozent verzeichnete. RWE übertraf damit auch die Erwartungen der meisten Analysten. Zunächst reagierte die Aktie mit Gewinnen, drehte später aber in die Verlustzone. Das Ergebnisplus verdankt der Konzern schließlich vor allem einem hohen Gewinn des sehr volatilen Großhandelsgeschäfts der Tochter Supply & Trading. Rechne man den Effekt heraus, wäre das Betriebsergebnis um sechs Prozent gesunken, schreibt die Bank Sal. Oppenheim in einer Einschätzung.

Pohlig zeigte sich zuversichtlich, dass RWE die über neun Milliarden Euro schwere Übernahme des niederländischen Versorgers Essent erfolgreich abschließen kann. Bereits 56 Prozent der Anteile seien verbindlich angedient worden. Darunter seien fünf der sechs Großaktionäre, die Provinzen Overijssel, Groningen, Limburg, Drenthe und Flevoland. Den größten Aktionär Nord-Brabant, der 30,8 Prozent hält und dessen Parlament sich vor wenigen Wochen noch knapp gegen die Offerte entschieden hatte, hofft RWE nach Pohligs Worten mit verbindlich fixierten Investitionszusagen zu überzeugen. Am heutigen Freitag wird das Parlament erneut darüber debattieren.

Allerdings bleiben die Vorbehalte in den Niederlanden groß. Gestern sprach sich der Industrieverband VNO-NCW gegen einen Verkauf von Essent an einen ausländischen Konzern aus. Pohlig zeigte sich darüber verwundert. Wichtiger sei aber, dass RWE schon die Mehrheit der Aktionäre überzeugt habe, sagte er.

Der Versorger kündigte zudem an, dass er zum 1. Juli zum dritten Mal in diesem Jahr die Gaspreise senken will – um bis zu 15 Prozent. Man gebe damit die gesunkenen Beschaffungskosten an die Kunden weiter, sagte Finanzvorstand Pohlig. „Damit werden die Preiserhöhungen des Jahres 2008 mehr als ausgeglichen“, sagte der Manager. Für einen durchschnittlichen Haushaltskunden mit einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden summieren sich die Preissenkungen laut RWE übers Jahr zu einer Ersparnis von bis zu 450 Euro. Der Konzern versorgt in Deutschland rund eine Million Haushalte mit Gas. HB

Jürgen Flauger

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