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Wirtschaft: Engelen-Kefer geht auf Distanz zu Gerster

Gewerkschaften verlangen Aufklärung über die Beraterverträge / BA-Chef deutet Verzicht auf zweite Amtszeit an

Berlin (ce/ded/tau/brö). Florian Gerster, Chef der Bundesanstalt für Arbeit (BA), hat angedeutet, auf eine zweite Amtszeit zu verzichten. „Auf jeden Fall würde ich mich nicht für fahnenflüchtig halten, wenn ich dann sagen würde, fünf Lebensjahre an dieser Stelle kosten Nerven“, sagte Gerster der „Financial Times Deutschland“. BASprecherin Bettina Schmidt sagte am Freitag, der Arbeitsamtschef werde erst am Ende seiner Amtszeit über eine erneute Kandidatur entscheiden. Gersters Vertrag läuft Ende 2007 aus.

Der BA-Chef war in den vergangenen Tagen wegen eines Beratervertrags mit der Berliner Medienagentur WMP Eurocom unter Druck geraten. Ohne Ausschreibung hatte Gerster im Frühjahr das Unternehmen für ein Honorar von 1,3 Millionen Euro engagiert. Der Bundesrechnungshof prüft den umstrittenen Vertrag, der vorzeitig zum Jahresende aufgelöst wird.

Bei der nächsten Sitzung des BA-Verwaltungsrats werde der Bundesrechnungshof noch kein Ergebnis vorlegen können, sagte Behördensprecher Joachim Romers. Der Verwaltungsrat hatte seine Sitzung von Freitag auf kommenden Dienstag verschoben. Der Sprecher zeigte sich „zuversichtlich“, dass bereits zwei Tage später, am 11. Dezember, der Bundesrechnungshof dem Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Arbeit ein Prüfergebnis präsentieren könne.

Jürgen Heike, Mitglied des Verwaltungsrates der BA, sagte dieser Zeitung: „Ich würde mich wundern, wenn es keine Beanstandungen gäbe“, in Bezug auf die juristisch-handwerklichen Fehler im Vertrag. Der Staatssekretär im bayerischen Arbeitsministerium hatte gefordert, dass alle 21 Verwaltungsratsmitglieder vor der nächsten Zusammenkunft Einblick in alle relevanten Unterlagen erhalten. Diese für die Arbeit des Rates notwendige Entscheidungsgrundlage zu liefern, sei „die verdammte Pflicht und Schuldigkeit“ der BA. Dies sei bislang nicht geschehen. Auch der Vertragstext zwischen der BA und der WMP sei den Mitgliedern nicht zugänglich gemacht worden. Rosemarie Wilcken, ebenfalls Mitglied des Rates und Bürgermeisterin der Stadt Wismar, sagte dem Tagesspiegel, „es bringt nichts, wenn 21 Leute den Vertrag einzeln durcharbeiten“. Sie verlasse sich in dieser Sache auf die Prüfung durch den Bundesrechnungshof. Sie ist zuversichtlich, dass trotz dieser „zusätzlichen Belastung“ die Umgestaltung der Behörde in eine Agentur gelingt.

Die Vorsitzende des Verwaltungsrats-Präsidiums und Vizechefin des Deutschen Gewerkschafts-Bundes (DGB), Ursula Engelen-Kefer, ging vor der Präsentation durch den Rechnungshof auf Distanz zu Gerster. „Wir haben Herrn Gerster keinen Persilschein ausgestellt“, sagte sie. „Wir wollen und müssen das Vergabeverfahren vollständig aufklären. Denn aus Sicht des Präsidiums bestehen bislang Zweifel an der Rechtsauffassung des Vorstandes.“ Unabhängig davon erwarte sie vom Vorstand, dass er seine Informationspflicht gegenüber dem Verwaltungsrat umfassend wahrnehme.

Sollte Gerster sich tatsächlich irgendwann aus der BA zurückziehen, bliebe dem stellvertretenden Landesvorsitzenden der rheinland-pfälzischen SPD die Rückkehr in die aktive Politik offen. „Trotz der räumlichen Distanz ist er sehr präsent im Land“, sagte der rheinland-pfälzische SPD-Generalsekretär Roger Lewentz dem Tagesspiegel. Er gehe davon aus, dass Gerster für die volle Amtszeit BA-Chef bleiben werde. Die Mitglieder stünden hinter ihm, betonte Michael Hartmann, Vorsitzender von Gersters Regionalverband Rheinhessen. Zwar würden die aktuellen Vorkommnisse an der Basis diskutiert, „doch wir haben vollstes Vertrauen in ihn“.

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