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Wirtschaft: Entlassungswelle erfasst ganz Europa Telekom setzt mit 46 000 Stellen Minusrekord

Berlin (fo). In ganz Europa kommt es zu Massenentlassungen.

Berlin (fo). In ganz Europa kommt es zu Massenentlassungen. Seit September 2001 haben allein die Großunternehmen den Abbau von 570 000 Stellen angekündigt. Das ergab eine Studie der Schweizer Investmentbank CSFB. In Deutschland hält die Telekom mit ihrem jüngsten Plan, bis zum Jahr 2005 fast 46 000 Arbeitsplätze zu streichen, den Rekord. Davon, so präzisierte am Mittwoch ein Sprecher, fallen allein 36 000 in Deutschland weg – 20 Prozent der Belegschaft. Die Gewerkschaft Verdi wirft dem Management „Flucht in die Arbeitsplatzvernichtung“ statt Verbesserung der Leistungsfähigkeit vor und kündigt massiven Widerstand an.

Die Telekom hat aber nach Einschätzung des Managementberaters Thomas Herp kaum eine Alternative. „Personalabbau sollte zwar immer nur eine Notmaßnahme sein“, sagt der Europa-Chef der Beratungsgesellschaft Monitor Group. Die Reserven der meisten Konzerne reichten aber nicht aus, Personal in der Hoffnung auf bessere Zeiten zu halten. Hinzu kommt die unerwartet lange Konjunkturschwäche: „Ohne Wachstum geht es nun mal nicht“, sagte Herp dem Tagespiegel. Bei den aktuellen Wachstumsraten wird nicht einmal mehr das Produktivitätswachstum von zwei bis 2,5 Prozent jährlich aufgefangen. Folge: Selbst bei konstanter Produktion gibt es mehr überzählige Mitarbeiter.

Die Probleme sind aber auch hausgemacht. Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnik wie Siemens (der Münchener Konzern streicht 34 000 Stellen bis 2005) oder die Telekom haben Kapazitäten aufgebaut, die sie nicht mehr auslasten können. An solchen Beispielen, meint Herp, zeige sich auch die mangelnde Flexibilität des deutschen Arbeitsmarktes. „Personalkosten sind hier zu Lande Fixkosten.“ Gäbe es mehr variable Lohnbestandteile könnten auch mehr Mitarbeiter über Krisenzeiten gehalten werden – natürlich bei geringerem Einkommen.

In der IT-Branche werden die schärfsten Einschnitte angekündigt. Vor wenigen Jahren glänzte sie noch mit zweistelligen Wachstumsraten, für 2003 ist Schrumpfen angesagt. Von den 87 000 neuen Jobs der letzten Jahren werden viele wieder verschwinden.

Katastrophal sieht es derzeit im Finanzgewerbe aus: Die Deutsche Bank streicht 6000 Stellen bis 2003, die Dresdner Bank sogar 11 000 und die Commerzbank 4300 Jobs in diesem Zeitraum (siehe auch Bericht auf Seite 25). Gründe sind der Börsencrash und massive Kostenprobleme im Vertrieb. Berater Herp schließt aber nicht aus, dass „die Welle genutzt wird, mal gründlich aufzuräumen“. Schließlich sei schon seit zehn Jahren bekannt, dass es in Deutschland zu viele und unrentable Bankfilialen gebe. Aber erst jetzt, sagt Herp, „ist offenbar der Leidensdruck groß genug.“

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