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Mit dem Pinocchio-Plakat protestiert Greenpeace gegen den Abgasbetrug von Volkswagen. Doch auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt ist in der Kritik.

© dpa

Entschädigungen: Volkswagen-Manager müssen Rede und Antwort stehen

Am Mittwoch müssen sich VW-Manager im Bundestag den Fragen der Abgeordneten stellen. Verbraucherschützer kritisieren, dass Deutsche gegenüber amerikanischen Kunden benachteiligt werden. Doch auch die Regierung steht unter Druck.

Darauf haben die Abgeordneten lange gewartet. Am Mittwoch sollen VW-Manager dem Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz Rede und Antwort stehen. Endlich. Wie halten sie es mit Reparaturen und Nachbesserungen und welche Entschädigungen sollen die 2,5 Millionen Autofahrer bekommen, deren Diesel mehr Stickoxide in die Luft blasen als erlaubt? Thomas Steg wird da sein, der frühere Vize-Regierungssprecher und heutige Chef-Lobbyist des Wolfsburger Konzerns. Kommen werden auch Jürgen Stackmann, Marketing- und Vertriebsvorstand für die Marke VW und Chef-Justiziar Michael Ganninger.

Aber nicht nur die VW-Vertreter stehen an diesem Mittwoch im Rampenlicht. Auch Ulrich Kelber (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium, wird von den Rechts- und Verbraucherpolitikern aller Fraktionen sehnsüchtig erwartet. Genauso wie der Bericht der Bundesregierung zu den verbraucherpolitischen Auswirkungen des Abgasbetrugs. Viermal musste die Aussprache im Ausschuss verschoben werden, einmal so kurzfristig, dass die schon eingetroffenen Herren des Kraftfahrtbundesamts unverrichteter Dinge nach Flensburg zurück fahren mussten. Ein Schicksal, das Klaus Müller, Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, teilte – allerdings mit kürzerem An- und Abreiseweg.

Deutsche müssen die selben Entschädigungen bekommen wie Kunden in den USA

Ein Grund für die Verzögerung: Dissonanzen in der Regierung. Nach Tagesspiegel-Informationen soll das Bundesverkehrsministerium kritische Passagen in dem Bericht, an dem auch das Justizministerium mitgeschrieben hat, entschärft haben. Vor allem die Forderung, dass das Kraftfahrtbundesamt die Autobranche künftig strenger überwachen möge, soll das von Alexander Dobrindt geleitete Ministerium gestrichen haben.

Offiziell äußern will sich dazu niemand. Im Bundesjustizministerium betont man, dass das Verkehrsministerium die Federführung habe, im Verkehrsministerium verweist man auf bereits bekannte Äußerungen. „Unser Eindruck der Umrüstungskonzepte ist positiv“, hatte der CSU-Minister Ende November erklärt. Was die Ansprüche der Kunden angeht, so dürften diesen „keine Nachteile entstehen“, hatte Dobrindt pauschal gefordert. Am Wochenende hieß es auf Nachfrage, für Fragen der Entschädigung sei das Bundesjustizministerium zuständig.

Doch auch dort hält man den Ball derzeit flach. Die deutschen Kunden müssten von VW dieselben Hilfen bekommen wie die Autobesitzer in den USA, hatte Verbraucher- und Justizminister Heiko Maas (SPD) Mitte November erklärt. Seitdem herrscht Funkstille an der Mohrenstraße. Zwar will Maas deutschen Verbrauchern den Weg frei machen für Musterklagen, die den US-Sammelklagen ähneln, doch in dieser Legislaturperiode dürfte das wohl nichts mehr werden.

Amerikaner bekommen Gutscheine von bis zu 1000 Dollar

In den USA sind dagegen bereits Hunderte Sammelklagen anhängig. Dass VW dort Gutscheine im Wert von bis zu 1000 Dollar verteilt hat, dürfte auch daran liegen. Deutsche Kunden können von solchen Geschenken nur träumen – sehr zum Missfallen von Deutschlands oberstem Verbraucherschützer Klaus Müller. „In Deutschland dürfen betroffene Verbraucher nicht schlechter gestellt werden als in den USA“, kritisiert Müller. „Es zeigt sich, dass es in den USA, wo die Kontrolle für die Automobilunternehmen offenbar funktioniert, auch Angebote für betrogene Verbraucher gibt.“

Solche Angebote will Müller auch für deutsche VW-Dieselfahrer. Am vergangenen Mittwoch traf sich der Verbandschef daher mit dem VW-Generalbevollmächtigten Steg. VW solle endlich aufklären, wie der Rückruf laufen soll und wie der Konzern weitere Ansprüche entschädigen will. „Insbesondere ein möglicher Wertverlust des Autos oder auch ein Mehrverbrauch nach Umrüstung darf nicht zu Lasten der Verbraucher gehen“, appellierte Müller an die VW-Führung.

Volkswagen verzichtet auf Verjährung

Am Mittwoch dürfte das VW-Trio auch von der Ausschussvorsitzenden Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) ähnliches zu hören bekommen. „Wir Grüne fordern unabhängige und umfassende Kontrollergebnisse“, sagte Künast dem Tagesspiegel am Sonntag. Nur so könne endlich objektiv geklärt werden, wie der Stand der Dinge ist. „Und es ist endlich eine klare Ansage notwendig, was VW von sich aus im Wege der Kulanz anbietet“, betonte die frühere Bundesverbraucherministerin.

VW-Konzernchef Matthias Müller hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass die Rückrufaktion und Umrüstung der 8,5 Millionen in Europa betroffenen Diesel-Fahrzeuge im Januar 2016 beginnen werde. Die gesamte Aktion wird bis Ende des kommenden Jahres dauern und für die Kunden kostenlos sein. Das garantiert Volkswagen. Außerdem verzichtet das Unternehmen bei den technischen Lösungen auf „jedwede Verjährung“. Betroffenen Kunden soll bei Bedarf „Ersatzmobilität“ zur Verfügung gestellt werden. Da unterschiedliche Varianten des einschlägigen Diesel-Motortyps E189 (1,2-, 1,6- und 2,0-Liter) betroffen sind, werden die Kunden nacheinander individuell informiert, ob nur ein Software-Update oder auch der Einbau von Hardware notwendig ist.

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