zum Hauptinhalt
Beim Tagesspiegel hieß es "50 Jahre Top-Management-Beratung in Deutschland" mit Wolfgang Schäuble.

© Kai-Uwe Heinrich

Entscheider-Forum von Tagesspiegel und Handelsblatt: Keynote Wolfgang Schäuble: „Guter Rat ist teuer“

Gute Beratung in Wirtschaft und Politik ist nötig - und teuer. Finanzminister Wolfgang Schäuble, Unternehmensberater und Wirtschaftsvertreter diskutierten auf dem Entscheider-Forum des Tagesspiegel.

Es ist eine Menge Geld. Knapp eine Milliarde Euro haben die Bundesministerien in der vergangenen Legislaturperiode für Berater, Sachverständige und Gutachter ausgegeben. Mehr als 100 neue Autobahnkilometer könnte man mit dem Geld bezahlen, Kitas oder Krankenhäuser bauen. Das weiß auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. „Hier fragen manche, ob man nicht häufiger mit dem Sachverstand der Ministerialbürokratie selbst arbeiten könnte“, sagte der CDU-Politiker am Freitag auf dem Entscheider-Forum von Tagesspiegel und Handelsblatt „50 Jahre Top-Management-Beratung in Deutschland“.

Zu denen, die sich das fragen, gehört auch der Bund der Steuerzahler. „Es ist immer wieder unverständlich, dass der Bund mit seiner Heerschar hoch qualifizierter Berater so wenig zustande bekommt“, sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, dem Tagesspiegel. Doch Schäuble sieht das anders: „Auch in den Ministerien brauchen wir trotz aller Qualifikation der Mitarbeiter immer wieder Sachverstand von außen“, meint der Minister – vor allem beim Aufbau von Verwaltungsstrukturen. „Eine funktionierende Verwaltung ist heute weitgehend unbestritten ein wichtiger Standortfaktor“, betonte der Finanzminister vor Vertretern von Beratungs- und anderen Wirtschaftsunternehmen. Deshalb sei Beratungshilfe beim Aufbau leistungsfähiger Strukturen durch den Internationalen Währungsfonds (IWF), die Weltbank, aber auch bilateral in Europa so wichtig geworden.

Bildungsministerium gab mehr als 464 Millionen Euro für Gutachter und Berater aus

Das Ministerium, das am meisten Geld für Gutachter oder Berater ausgibt, ist das Bildungsministerium. Mehr als 464 Millionen Euro waren es in der vergangenen Legislaturperiode, teilte die Bundesregierung im vergangenen Jahr auf eine Anfrage der Linken mit. Im Ministerium, das seit Februar vergangenen Jahres von Johanna Wanka (CDU) geführt wird, begründet man die Freigiebigkeit Dritten gegenüber damit, dass das Ministerium keine eigenen Ämter oder Behörden hat, an die man Projekte weitergeben könne.

Zahlen darüber, wie viel Geld die Ministerien in diesem Jahr bereits ausgegeben haben, gibt es nicht. Auch im Hause Wanka nicht. Angesichts des Regierungswechsels und der zahlreichen Projekte und Gesetzesvorhaben, die die neue Regierung in Angriff nimmt, wäre es jedoch verwunderlich, wenn die Ausgaben gesunken wären. Hinzu kommt: „Guter Rat ist teuer“, sagt der Hüter der Staatsfinanzen, Wolfgang Schäuble. Das räumen auch die Berater ein. Ein zehn- bis zwölfwöchiges Projekt kann etwa bei der Beratungsfirma A.T. Kearney zwischen 300 000 und 600 000 Euro kosten. Je nach Bedarf, Größe des Projekts und Dauer steigen die Ausgaben entsprechend. Nach Meinung der Beratungsfirmen ist das Geld jedoch gut anlegt und die Kosten sind durch den hohen Einsatz gerechtfertigt.

Die Berater sind für ihre Auftraggeber im Dauereinsatz, schieben Überstunden und reisen zur Not um die Welt. Und: Die Beratung muss solide und nachhaltig sein. „Irgendwann muss der Berater vom Hof reiten“, sagt Martin Sonnenschein, Managing Director Central Europe bei A.T. Kearney. „Wenn das Projekt erfolgreich weiterläuft, dann war er gut.“

Wachsende Bedeutung der Online-Märkte macht gute Beratung nötig.

Bei aller Kritik sind die Berater aus Wirtschaft und Politik nicht mehr wegzudenken, heißt es auch bei den Unternehmen. Vor allem die wachsende Bedeutung der Online-Märkte mache gute Beratung nötig. „Diese Entwicklungsgeschwindigkeit kann man im Unternehmen gar nicht abarbeiten“, gibt Karl Gernandt, Präsident des Verwaltungsrats bei Kühne+Nagel, zu bedenken. Gerade in diesem Bereich brauche man Berater, sonst handele man fahrlässig gegenüber seinem Unternehmen.

Ähnlich sieht das Carla Kriwet, Vorsitzende der Geschäftsführung von Philips-Deutschland. „Ich brauche keinen mehr, der mir für viel Geld eine Industriestruktur verkauft“, warnt sie jedoch. „Gute Berater müssen den differenzierten Markt im Blick haben.“ Dennoch sind sich alle in einem Punkt einig: Die Berater können zwar Entscheidungsmöglichkeiten aufzeigen, die unternehmerische Verantwortung können die Wirtschaftsführer aber nicht delegieren. Dasselbe gilt für die Politiker.

Der Herr des Geldes: Bundesfinanzminister Schäuble verteidigt die Ausgaben der Ministerien für Berater und ist für eine größere Durchlässigkeit zwischen Politik und Wirtschaft.
Der Herr des Geldes: Bundesfinanzminister Schäuble verteidigt die Ausgaben der Ministerien für Berater und ist für eine größere Durchlässigkeit zwischen Politik und Wirtschaft.

© Kai-Uwe Heinrich

„Politik ist deutlich mehr, als die Handlungsempfehlungen von Gutachten auszuführen“, meint Schäuble. Dass die Bundesregierung so viel Geld für Beraterleistungen ausgibt, kreidet Schäuble auch der medialen Aufmerksamkeit an. „Es scheint schon wichtig, wenn man in der heutigen Öffentlichkeit bestehen will, dass man für seine Position oder sein Vorhaben ein Gutachten vorweisen kann.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false