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Entsorgungsmarkt: Alba will an die Spitze

Der Berliner Familienkonzern plant, sein Gewicht bei Interseroh noch zu verstärken. Der Abstand zum Marktführer im deutschen Entsorgungsmarkt, Remondis, soll verringert werden.

Köln - Der Berliner Familienkonzern Alba will sich in der Spitzengruppe des deutschen Entsorgungsmarktes stabilisieren. „Ein Beherrschungsvertrag über die börsennotierte Interseroh ist mittelfristig eine von mehreren Optionen“, kündigte Alba-Mitinhaber und Interseroh-Vorstandschef Axel Schweitzer gegenüber dem „Handelsblatt“ an. Man könne sich auch vorstellen, weitere Anteile an Interseroh zu erwerben. Im zweiten Fall erwarten Analysten, dürfte es am Ende zu einem Ausschluss von Minderheitsaktionären und einer Komplettübernahme von Interseroh durch Alba kommen.

Auf beiden Wegen würden die Berliner den Abstand zum Marktführer Remondis verringern. Schließlich kamen Alba und Interseroh 2008 zusammen auf einen Umsatz von drei Milliarden Euro, wovon rund zwei Milliarden von Interseroh stammten. Remondis setzte 5,6 Milliarden Euro um. Ein Sprecher von Remondis im westfälischen Lünen wollte die Pläne von Alba bei und mit Interseroh auf Anfrage nicht kommentieren.

Ähnlich wie bei Schaeffler und Continental greift damit ein Familienkonzern nach einer – in Umsatz gerechnet – mehr als doppelt so großen Börsengesellschaft. Um nicht in eine ähnlich prekäre Lage zu gelangen wie der fränkische Automobilzulieferer, bewahren sich die Alba-Inhaber um die Geschwister Axel und Eric Schweitzer allerdings einen langen Atem. Schon im Januar 2006 hatten sie über ihre Finanzgesellschaft „Isabell“ ein Übernahmeangebot an die übrigen Interseroh-Aktionäre veröffentlicht. Da vielen Aktionären des Kölner Verpackungsmüll- und Stahlrecyclers das Angebot zu niedrig erschien, mussten sich die Alba-Eigentümer zunächst mit einer Beteiligung von 46 Prozent bescheiden. Dennoch kauften die Berliner über mehrere Monate hinweg in kleinen Tranchen Anteile zu.

Im vergangenen Januar dann gab die Familie 20,5 Millionen Euro für ein 5,5-Prozent-Paket aus, um auf insgesamt 75 Prozent der Stimmrechte von Interseroh zu kommen. Das eröffnet den Alba-Eigentümern nun den Weg, auf der Hauptversammlung einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit dem Kölner Konzern zu schließen. „Würde Interseroh durch einen solchen Vertrag an Alba angebunden, hätten die Berliner Zugriff auf den Cashflow des Unternehmens“, verdeutlicht Branchenexperte Michael Schäfer vom Analystenbüro Equinet den Vorteil.

Ob für einen solchen Schritt die Finanzmittel der Familie Schweitzer reichen, ist ungewiss, denn zum Nulltarif ist der Beherrschungsvertrag nicht zu haben,die übrigen Interseroh-Aktionäre wären zu entschädigen. Laut Aktiengesetz ist ihnen eine garantierte Dividende anzubieten - oder der Umtausch ihrer Papiere zu einem durch Wertgutachten ermittelten Kurs. Anfang 2006 noch hatte die WestLB die Übernahmeofferte für sämtliche Interseroh-Aktien mit einem Kredit über 154 Millionen Euro abgesichert, während die Familie selbst nur 42 Millionen Euro bereitstellte. Inzwischen aber haben sich die Rahmenbedingungen verändert. Interserohs Aktien sind heute um die Hälfte teurer als vor vier Jahren, die Flaute auf den Märkten für Altmetall, Schrott und Altpapier dürfte die Kreditbereitschaft der Banken zudem drastisch schmälern. Dazu passt die Aussage Axel Schweitzers, den letzten Aktienzukauf habe man „aus Eigenmitteln“ finanziert.

Dennoch laufen die Vorbereitungen für die Konsolidierung von Alba und Interseroh auf Hochtouren. Schon für dieses Geschäftsjahr will man einen gemeinsamen Jahresabschluss der Alba-Gruppe vorlegen, in dem auch die Zahlen der Kölner Beteiligung berücksichtigt werden. Sogar eine Bescheinigung des Wirtschaftsprüfers KPMG soll es dafür geben - und das, obwohl Interseroh nicht in der Bilanz der Berliner Alba AG konsolidiert wird.

Auch operativ verzahnen sich Alba und Interseroh – trotz fehlenden Beherrschungsvertrags – immer stärker. Nach dem Abgang von Interseroh-Finanzchef Manuel Althoff leitet Vorstandschef Axel Schweitzer die Finanzabteilungen beider Konzerne. Auch die Abteilungen für Controlling, Personal und Public Affairs haben die Konzerne durch einen Kooperationsvertrag zusammengeführt. Für den Vorstandschef bleibt dies bis zum Beherrschungsvertrag ein juristischer Eiertanz. „Die Eigenständigkeit von Interseroh“, weiß Schweitzer, „muss gewährleistet sein.“

Christoph Schlautmann

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