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In Turbulenzen befindet sich der europäische Energiemarkt. Und zunehmend auch Eon. Der größte deutsche Energieversorger will künftig dezentraler aber auch internationaler agieren.

© dapd

Eon leidet unter der Energiewende: Gegen den Wind

Eon korrigiert seine Erwartungen für die kommenden Jahre nach unten. Der Aktienkurs bricht um rund zwölf Prozent ein. Konzernchef Teyssen will internationaler werden.

Der Knaller kommt ganz zum Schluss, am Ende der zweiseitigen Pressemitteilung, in der es um Milliardengewinne und deutlich steigende Cash Flows geht. Aber dann. „Der bisherige Ausblick für das Jahr 2013 scheint nicht erreichbar. Eon überprüft daher derzeit diese Prognose sowie die Aussagen für 2015 im Rahmen des aktuellen Planungsprozesses.“ Kurzum: Die Gegenwart ist ganz gut, die Zukunft schlecht. Für dieses Jahr will der größte deutsche Energieversorger seinen Aktionären noch eine Dividende von 1,10 Euro je Aktie zahlen. Womöglich ist das aber vorerst die letzte fette Ausschüttung. Die Anleger jedenfalls erwarten nichts Gutes und verkauften am Dienstag Eon-Papiere wie verrückt: Der Kurs fiel deutlich unter 15 Euro und damit um rund zwölft Prozent. Das bedeutet: An der Börse war Eon am Dienstag gut 3,6 Milliarden Euro weniger wert als am Montag. Der Vorstandsvorsitzende Johannes Teyssen unternahm dann auch gar keinen Versuch, die Lage zu beschönigen. „Ein nicht einfacher Tag für unseren Konzern und auch ein schwieriger Tag für unsere Investoren“ sagte Teyssen am Dienstagmittag während einer Telefonkonferenz.

Mit dem bisherigen Jahresverlauf, der „sehr befriedigend“ sei, hielt er sich nicht lange auf. Sein Thema war das Geschäft der kommenden Jahre, für das aktuell die Weichen gestellt werden. „Es geht stürmisch zu, wenn das Energiekonzept auf den Kopf gestellt wird“, meinte der Eon-Chef. Und wegen der Rezession in weiten Teilen Europas „kommen noch einige Windstärken dazu“. Der Markt für Energie schrumpft, Teyssen zufolge so stark wie noch nie seit dem 2. Weltkrieg. Exemplarisch nannte er Italien, wo in diesem Jahr der Stromverbrauch um zehn Prozent unter dem Vorjahr bleibe. Während also der Verbrauch sinkt, steigt gleichzeitig das Angebot an erneuerbaren Energien. Vor allem der rasante Ausbau des Solarstroms drücke die Großhandelspreise und die Margen. In der Konsequenz sei es nicht mehr wirtschaftlich, Gaskraftwerke zu unterhalten. Teyssen nannte das Beispiel einer neuen Anlage bei Ingolstadt, die im vergangenen Jahr bis Mitte November 4000 Stunden in Betrieb war, und in diesem Jahr bislang nur 1600 Stunden. Mit Gaskraftwerken sei kein Geld zu verdienen, klagte der Eon- Chef. Dabei würden solche Kraftwerke „dramatisch gebraucht“, wenn die Erneuerbaren nicht genügend Strom lieferten. Gerade aus ökologischer Sicht sei es „paradox“, wenn Gaskraftwerke, die deutlich sauberer sind als Kohlekraftwerke, keine Chance auf dem Markt hätten. Eon will zwei Gaskraftwerke stilllegen. Für den Konzernchef ist das ein Beispiel dafür, dass bei der Stromversorgung „einiges in Unordnung geraten ist“. Er bekannte sich zur Energiewende, plädierte aber für einen „Umbau mit Augenmaß“.

Für sein Unternehmen bekräftigte er eine Vier-Punkte-Strategie, die nun aber schneller umgesetzt werden solle. Erstens Kostensenkung, Abbau von Doppelstrukturen inklusive Schließung von Standorten. Zweitens „radikale Fokussierung auf wertschöpfende Geschäfte“: In jüngster Zeit hat Eon Bereiche mit einem Geschäftsvolumen von 13 Milliarden Euro verkauft. Von drei Regionalversorgern will sich Teyssen noch trennen, um sich dann auf die verbliebenen vier zu konzentrieren. Drittens verstärkte Investitionen in Erneuerbare und viertens Wachstum außerhalb Europas: Eon baut Kraftwerke in Russland und Brasilien und betreibt Windparks in den USA. Alles in allem werde der Energiekonzern künftig vor allem international aber auch dezentral investieren. „Mit dem Ausbau unserer Netze und der dezentralen Erzeugung werden wir die Umsetzung der Energiewende in den Regionen aktiv gestalten“, kündigte Teyssen an.

In den ersten neun Monaten verdiente Eon unterm Strich vier Milliarden Euro und will diesen Gewinn auf bis zu 4,5 Milliarden Euro steigern. Wegen des Atomausstiegs und der Abschreibungen auf Atomkraftwerke hatte es im vergangenen Jahr einen Verlust von 2,2 Milliarden Euro gegeben. 2010 hatte der Jahresüberschuss fast sechs und 2009 sogar 8,4 Milliarden Euro betragen. Ende September war der in Düsseldorf ansässige Konzern mit 35,6 Milliarden Euro verschuldet, das waren 800 Millionen Euro weniger als vor einem Jahr. Bis 2015 will Teyssen nach bisheriger Planung 11 000 Stellen abbauen, derzeit beschäftigt Eon noch knapp 80 000 Mitarbeiter.

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