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Sucht die Balance zwischen Wirtschaftsinteressen und der Bezahlbarkeit von Arzneimitteln: Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).

© dpa

Ergebnis des Pharmadialogs: Kleine Preisbremse für teure Arznei

Gesundheitsminister Hermann Gröhe will die Erstattungspreise für neue Arzneimittel begrenzen. Allerdings nur bei besonders umsatzstarken Medikamenten.

Die Bundesregierung will die Preise für umsatzstarke neue Medikamente stärker begrenzen als bisher. Das ist das Ergebnis monatelanger Verhandlungen mit Vertretern aus Pharmaindustrie, Forschung und Gewerkschaften. Zwar soll es im Grundsatz bei der freien Preisfestlegung für die ersten zwölf Monate nach der Zulassung neuer Arznei bleiben. Ab einer bestimmten Umsatzschwelle jedoch soll der danach mit den Krankenkassen ausgehandelte und in der Regel deutlich niedrigere Erstattungspreis künftig auch rückwirkend gelten.

Gröhe wollte keine allzu rigiden Vorgaben

Es gehe darum, „die Kosten nicht ins Kraut schießen zu lassen“, sagte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) am Dienstag bei der Abschlussveranstaltung des Pharmadialogs, an dem auch das Wirtschafts- und das Forschungsministerium beteiligt waren. Durch die bisherige Regelung sei die Versuchung für manche Hersteller groß, die freie Preisfestlegung im ersten Jahr „sehr kraftvoll zu nutzen“. Andererseits wolle man die Industrie nicht durch allzu rigide Vorgaben in ihrer Innovationsfreude bremsen.

Wie hoch der Umsatz mit neuer Arznei sein darf, bevor die nachträgliche Preisregulierung greift, ließ der Minister offen. Aus seinem Ressort hieß es, er werde wohl über 100 Millionen, aber „deutlich unter 500 Millionen Euro“ liegen müssen. Genaueres bleibt dem Gesetzentwurf vorbehalten, den Gröhe für diesen Sommer ankündigte. Dem Vernehmen nach drängt das Wirtschaftsressort auf höhere Werte als das Gesundheitsministerium, das auch die Bezahlbarkeit der Beitragssätze im Blick haben muss.

1,5 Milliarden Euro für ein einziges Medikament

Hintergrund der Neuregelung ist die Beitragsexplosion für innovative Medikamente in den vergangenen Jahren. Einer AOK-Studie zufolge kostet mittlerweile jedes neu auf den Markt gebrachte Mittel im Schnitt rund 4000 Euro. Allein für ein neues Medikament gegen Hepatitis C gaben die Kassen fast 1,5 Milliarden Euro aus, bevor sie sich mit dem Hersteller auf einen niedrigeren Preis einigen konnten.

Dafür kommt die Regierung der Industrie ordentlich entgegen. So sollen ausgehandelte Arzneipreise geheim bleiben, damit sich andere Länder nicht daran orientieren können. Hinzu kommt das Versprechen, weniger zu regulieren und den Herstellern finanziell stärker unter die Arme zu greifen, etwa bei der Entwicklung neuer Antibiotika gegen resistent gewordene Keime. Weiter wurde vereinbart, mehr Medikamente speziell für Kinder zu entwickeln, den Schutz vor Arzneifälschungen zu verstärken, Lieferengpässen durch mehr Kontrollen zu begegnen und Ärzte besser über die Nutzenbewertung neuer Medikamente zu informieren.

Opposition nennt die Ergebnisse dürftig

Die Grünen nannten die Ergebnisse „dürftig“. Wesentliche Versorgungsprobleme, etwa die Sicherstellung von Impfstoffen oder die Arzneientwicklung für armutsassoziierte Erkrankungen, würden „gar nicht angegangen“. Die Linke sprach von einem „Wunschzettel der Industrie“, für den Versicherte und Steuerzahler nun aufzukommen hätten. Und die nicht beteiligten Krankenkassen zeigten sich auch wenig begeistert. Nachdem es bei dem Dialog „vorrangig um die Standortfrage“ gegangen sei, müssten nun auch mal Dinge wie „Patientennutzen und die Bezahlbarkeit von hochpreisigen Arzneimitteln in den Vordergrund“, verlangte der AOK-Bundesverband.

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