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Wirtschaft: Erhards Worte

Als der SPDVorsitzende Franz Müntefering kürzlich Finanzinvestoren als Heuschreckenschwärme bezeichnete, die über Unternehmen herfallen und Arbeitsplätze vernichten, initiierte er mehr als eine bloße „Kapitalismus-Debatte“, wie sie in Deutschland jetzt so harmlos bezeichnet wird. Es ist nicht nur eine Debatte darüber, welches Wirtschaftssystem die Deutschen in ihrem Land sehen wollen, sondern klare antiamerikanische Polemik gepaart mit etwas, was manche als antisemitische Zwischentöne wahrnehmen.

Als der SPDVorsitzende Franz Müntefering kürzlich Finanzinvestoren als Heuschreckenschwärme bezeichnete, die über Unternehmen herfallen und Arbeitsplätze vernichten, initiierte er mehr als eine bloße „Kapitalismus-Debatte“, wie sie in Deutschland jetzt so harmlos bezeichnet wird. Es ist nicht nur eine Debatte darüber, welches Wirtschaftssystem die Deutschen in ihrem Land sehen wollen, sondern klare antiamerikanische Polemik gepaart mit etwas, was manche als antisemitische Zwischentöne wahrnehmen. Eine aus der SPD-Zentrale durchgesickerte „schwarze Liste“ von angeblich „bösen“ Kapitalisten enthält keine einzige deutsche Firma, sondern ausschließlich amerikanische Namen, einige darunter sind jüdisch. Die Botschaft ist evident: „Gutes deutsches“ Kapital arbeitet zum sozialen Wohl der Arbeitskräfte im Lande, während ausländisches, speziell (jüdisch-)amerikanisches Kapital Arbeitsplätze vernichtet.

Zwei gesonderte Ereignisse der vergangenen Woche demonstrierten ganz offenkundig die Absurdität von Münteferings geschmacklosem Antikapitalismus. Presseberichten zufolge plant VW, 700 Millionen Euro in ein neues Werk zu investieren, womit circa 10000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Das wären großartige Neuigkeiten für Deutschlands siechende Wirtschaft, wäre da nicht das kleine Problem, dass der staatlich kontrollierte Autobauer das Werk nicht in Deutschland sondern in Indien bauen will.

Die andere große Nachricht der vergangenen Woche ist die, dass Aktionäre der Deutschen Börse AG den Vorstandsvorsitzenden Werner Seifert und den Aufsichtsratsvorsitzenden Rolf Breuer entmachtet haben. Diese Maßnahme wurde zurecht als ein Schritt hin zu angemessener Unternehmensorganisation gepriesen. Die Ironie besteht darin, dass die Aktionärsrevolte von zwei Hedge-Fonds aus Großbritannien und den USA angeführt wurde, die sich Seiferts letztlich erfolglosem Übernahmeangebot für die Londoner Börse widersetzt hatten. Wäre Seiferts Coup geglückt, so wären in Frankfurt sehr wahrscheinlich Arbeitsplätze verloren gegangen, da London als das weitaus bedeutendere Finanzzentrum angesehen wird. Die Rebellion dieser „bösen“ angelsächsischen HedgeFonds stellt somit sicher, dass ein ähnliches Gebot in naher Zukunft nicht erfolgen wird und so folglich Arbeitsplätze in Deutschland geschützt werden.

Natürlich rebellierten die Hedge-Fonds nicht aus Sorge um Arbeitsplätze sondern aus Sorge um Profite. Doch ist es ein Gemeinplatz, dass das Profitinteresse von Investoren Arbeitsplätze schafft. In Deutschland aber wird unternehmerisches Profitstreben von der sozialistischen Linken absurderweise als ein Widerspruch zur Schaffung von Arbeitsplätzen gesehen.

Anlässlich der Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Kriegsendes und der momentanen wirtschaftlichen Malaise erinnern die Deutschen gern an das Wirtschaftswunder der Nachkriegsjahre. Wenn sie jedoch jene glücklicheren Tage wiedererleben wollen, wären sie gut beraten, sich an die Worte des Mannes zu erinnern, mit dem jener Erfolg verbunden war – Ludwig Erhard. „Je freier die Wirtschaft, umso sozialer ist sie auch“, sagte einst Deutschlands legendärer Wirtschaftsminister.

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