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Nehmen und Geben. Mitglieder der Initiative „Sauvons les Riches“ („Rettet die Reichen“) kamen Cantonas Aufforderung nach, zogen ihr Geld bei der Société Générale ab und legten es bei der Crédit Coopératif an. Foto: AFP

© AFP

Eric Cantona: Die französische Revolution fällt aus

Internetaufruf des Ex-Fußballers Eric Cantona zum massenhaften Geldabheben bleibt folgenlos.

Wenn das die „Revolution durch Räumung der Bankkonten“ gewesen sein sollte, zu der der Ex-Fußballer Eric Cantona den Anstoß geben wollte, dann können Frankreich Geldhäuser ihren Geschäften ungestört weiter nachgehen. Eine Auszahlung von „mehr als 1500 Euro“ hatte der frühere Mittelstürmer von Manchester United seiner Bank BNP Paribas angekündigt. Das berichtete Antoine Poissonnier, der eine Filiale dieser Großbank in der Stadt Albert in Nordfrankreich leitet. „Wir hätten Monsieur Cantona genau so empfangen wie jeden andern Kunden“, berichtete er. Doch Cantona, der seit dem Ende seiner Fußball-Karriere Erfolge als Schauspieler feiert und in dem kleinen Ort gerade in einem Gangsterfilm vor der Kamera steht, hatte am gestrigen Stichtag der von ihm ausgerufenen Revolution wohl keine Zeit gehabt, zur Bank zu gehen.

Seinen Beitrag zum Umsturz hatte er womöglich schon vorher geleistet, wenn man der Webseite Wansquare glaubt. Nach deren Informationen soll Cantona schon vor Tagen 750 000 Euro von der Privatbank Leonardo auf ein Konto bei der halbgenossenschaftlichen Großbank Crédit Agricole überwiesen haben. Über den Grund dieser Überweisung konnte gestern nur spekuliert werden.

Zum „Sturm auf die Banken“ kam es gestern nicht. Weder in Paris noch in Lille, Marseille oder anderen Großstädten stellten sich mehr Kunden als sonst an normalen Banktagen an den Schaltern an, berichtete die Nachrichtenagentur AFP. „Wir hatten vorherige Ankündigungen von Barabhebungen erwartet, es kam nichts“, hieß es bei Crédit Lyonnais.

Dabei hatte Cantona für Aufregung gesorgt, als er Anfang Oktober in einem Interview zu seiner Meinung über die Massenstreiks gegen die Rentenreform gefragt wurde. „Drei Millionen Protestierende auf der Straße bewirken nichts“, hatte er gesagt. „Wenn diese drei Millionen Leute aber ihr Geld von den Banken abziehen würden, dann hätte das Folgen.“ Denn die Banken, so führte er weiter aus, stellten das heutige System dar. Und ohne Geld bräche es zusammen.

Was Cantona, das ehemalige „enfant terrible“ des Fußballs, da eher beiläufig gesagt hatte, fand über die von einer belgischen Drehbuchautorin und einem französischen Schauspieler gegründete Webseite „Bankrun2010“ und das Facebook-Forum „StopBanque“ den Weg in eine breitere Öffentlichkeit. 38 000 Franzosen schlossen sich in den vergangenen Wochen mit zustimmenden Kommentaren der Forderung an, an einem Tag – ausgerufen wurde dafür der 7. Dezember – ihre Bankkonten zu räumen. Unterstützung kam auch aus Belgien, Großbritannien, der Schweiz und mit 131 Stimmen sogar aus Albanien.

Ob die Bereitschaft zum Mitmachen in Kenntnis der Folgen eines kollektiven Bankensturms erfolgte, ist fraglich. Denn größere Summen in bar von seinem Konto abzuheben ist nicht so einfach, erklärt der Bankenverband. Barauszahlungen, auch mit Kreditarten, sind bei den 40 000 Filialen der französischen Banken nur begrenzt möglich. Größere Beträge müssen Tage vorher bestellt werden. Konten aufzulösen sei beschwerlich, warnte der Verbraucherverband. 99 Prozent der Franzosen verfügen über ein Konto, weil es im modernen Alltag nicht mehr anders geht.

Als „grotesk und unverantwortlich“ bezeichnete Budgetminister Francois Baroin Cantonas Forderung. Selbst Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker als Vorsitzender der Euro-Gruppe sah sich veranlasst, die Franzosen vor einer „Torheit“ zu warnen. Doch wie Cantona einst seine Fußballfans mit seinen Torschüssen in Rage versetzte, so hatte er jetzt bei vielen Franzosen romantische Revolutionsträume ausgelöst. Es den Banken zu zeigen, die die Wirtschaft in die Krise gestürzt haben, dieser Wunsch – gepaart mit Ärger über die Gebühren, mit denen die Banken ihre Kunden vergrätzen – drückte sich in vielen Internetzuschriften aus. Als es gestern aber zur Tat kommen sollte, war es mit dem Enthusiasmus nicht weit her. Außer ein paar Happeningszenen spielte sich bei den Banken nichts ab.

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