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Paleo-Riegel - wie hier von "Eat Performance" - sind frei von Inhaltsstoffen, die nicht industriell bearbeitet wurden.

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Ernährungstrend: "Müsliriegel" mit Trockenfleisch

Paleo könnte das neue vegan werden: Zwei Berliner Start-ups produzieren Energieriegel ausschließlich aus natürlichen, nicht industriell verarbeiteten Stoffen. Mit Trockenfleisch statt Schokolade.

Rund 80 Liter fasst die große Rührschüssel, der Knethaken ist so dick wie zwei Daumen. In großen Behältern stapeln sich Nüsse, getrocknete Früchte und andere Zutaten. Hier, in einem Neuköllner Hinterhof, entstehen die Energieriegel der Marke „Die Kraft des Urstromtals“. Mit herkömmlichen Müsliriegeln haben sie nur eins gemein: die Form. Das zeigt der Blick auf die Zutatenliste. Im „Säbelzahntiger“ zum Beispiel steckt neben Pistazien, Walnüssen, Datteln und Feigen auch Trockenfleisch vom Brandenburger Rothirsch; der vegane „Mandrill“ hat eine Chilinote, während der vegetarische „Honigbär“ grüne Rosinen enthält.

Ohne Zucker und Mehl

Mit 3,50 Euro pro Stück kosten die 50-Gramm-Riegel dafür allerdings auch deutlich mehr als die klassischen Riegel aus dem Supermarkt. Dafür rühren die Mitarbeiter sie mit der Küchenmaschine an, pressen sie von Hand in Form und wickeln sie in kompostierbare Verpackung ein. Bislang gibt es die Riegel online zu kaufen, bei der Bio Company in Berlin-Friedrichshain, in mehreren Feinkostläden und Crossfit-Studios in ganz Deutschland.

Dass Mehl, Zucker und Industriesalze nicht auf der Zutatenliste des Berliner Start-ups stehen und auch Gluten, Konservierungsstoffe und Geschmacksverstärker tabu sind, liegt daran, dass die Gründer Ivan Perez und Janine König auf der Suche nach einem Snack waren, der in ihre Ernährungsphilosophie passte. Bei der Paleo-Ernährung wird – vereinfacht gesagt – auf industriell verarbeitete Lebensmittel, Getreide, Zucker, Milch und Hülsenfrüchte verzichtet. Da sie außer Eigenkreationen nichts so recht überzeugen wollte, beschlossen Perez und König im Oktober 2013 selbst Riegel zu verkaufen. Ein halbes Jahr später folgte dann die Markteinführung.

Zwei Millionen potenzielle Kunden

Der Name „Die Kraft des Urstromtals“ (DKDU) steht für das während der letzten Eiszeit von Gletschern gegrabene Flussbett, an dem Berlin gegründet wurde. Das soll ein Hinweis sein auf die ursprüngliche Nahrung, die hier verkauft wird – „für moderne Jäger und Sammler“, wie König und Perez sagen, die Steinzeit-Menschen von heute. Ihre Zielgruppe sind ernährungsbewusste, aktive Menschen wie sie selbst: In der Freizeit geht das Paar Bogenschießen, macht Kampfsport und lernt, wie man sich im Wald mit dem Kompass zurechtfindet. Sie schätzen, dass es in Deutschland rund zwei Millionen Menschen gibt, die wegen ihrer Aktivitäten zum besonderen Energieriegel greifen.

Die Gruppe der Paleo-Anhänger sei im Naturkostfachhandel bislang nicht deutlich in Erscheinung getreten, sagt Hilmar Hilger vom Bundesverband Naturkost Naturwaren – möglicherweise, weil sie vom breiten Angebot für Allergiker, Vegetarier und Veganer profitierten. Das Rohkost-Segment, in dem sich DKDU behaupten muss, wird von der Biomarkt- Kette Bio Company jedoch als ein Trend mit wachsenden Tendenzen bezeichnet. Den Stellenwert der boomenden glutenfreien Produkte nehmen Rohkostriegel aber noch nicht ein.

Gewinne macht das Unternehmen nicht

2014 produzierte DKDU zwischen 1500 und 2000 Riegel pro Monat, vor einiger Zeit wurde dafür eine Lebensmitteltechnologin eingestellt. „2015 wollen wir aber größer werden“, sagt König. Gewinne macht das Unternehmen mit seinen Riegeln bislang noch nicht – wenn der Geschäftsplan aufgeht, soll es aber 2016 so weit sein. Bis dahin wollen König und Perez neue Riegel und Wild-Trockenfleisch auf den Markt bringen und irgendwann vielleicht sogar industriell fertigen, ohne an Qualität einzubüßen. Doch das ist Zukunftsmusik.

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Paleo-Riegel - wie hier von "Eat Performance" - sind frei von Inhaltsstoffen, die nicht industriell bearbeitet wurden.
Paleo-Riegel - wie hier von "Eat Performance" - sind frei von Inhaltsstoffen, die nicht industriell bearbeitet wurden.

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Das gilt auch für die Firma Eat Performance, die ebenfalls „Paleo-Konformes für unterwegs“ verkauft, wie Mitarbeiterin Katharina Langhans sagt. Die Riegel seien ihr Aushängeschild: Aktuell gibt es sieben verschiedene, allesamt süß und 40 Gramm schwer, aus verschiedenen Früchten, Kokos, Nüssen, meist auf Dattel- oder Feigenbasis. Drei Mitarbeiter fertigen rund 500 Riegel pro Monat, das Stück kostet 2,80 Euro und ist damit in etwa so teuer wie die Konkurrenz von DKDU. Daneben stellt Eat Performance auch Eistees, Smoothies, Sandwiches, Salate, Energiekugeln, Cookies, Müslis, Trockenfleisch und Kokoswasser her – alles von Hand, alles bio. Die Anfang 2014 gegründete Firma beschäftigt aktuell sieben Festangestellte und wollte von vornherein mit breiter Produktpalette starten. Zum Konzept gehört seit etwa einem halben Jahr auch ein eigenes Bistro, das gleichzeitig als Flagship Store fungiert.

Paleo soll das neue vegan werden

Dort sind alle Produkte erhältlich, ebenso im eigenen Online-Shop. Für die Zukunft hat man aber die Supermärkte als Abnehmer ins Auge gefasst. „Unser Ziel ist eine Ecke für Paleo-Produkte“, sagt Langhans, so wie es dort mittlerweile auch vegane Abteilungen gebe. Doch bis zu den 370 Millionen Corny- Riegeln, die in Bad Schwartau jährlich hergestellt werden, brauchen beide Firmen noch ein paar Steinzeit-Kunden - und zu gegebener Zeit eine größere Rührschüssel.

Lukas Wohner

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