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Wirtschaft: „Erwerbslose werden in den Ämtern nicht wie Kunden behandelt“ Evelin Titze vom Arbeitslosenverband über die Behörden-Reform

Frau Titze, vor einem Jahr hat die Bundesanstalt für Arbeit (BA) angekündigt, dass die Vermittlung von Arbeitslosen besser werden soll. Können Sie schon Veränderungen feststellen?

Frau Titze, vor einem Jahr hat die Bundesanstalt für Arbeit (BA) angekündigt, dass die Vermittlung von Arbeitslosen besser werden soll. Können Sie schon Veränderungen feststellen?

Ja, es wird stark gespart – die BA muss ja in diesem Jahr ohne Zuschuss vom Bund auskommen. Für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Weiterbildung oder Umschulung vor Ort ist immer weniger Geld da.

Finden denn die Leute heute schneller einen Job, die an einer Maßnahme des Arbeitsamtes teilgenommen haben?

Ja, denn oft bekommen nur noch solche Leute eine Qualifizierung bezahlt, die sich zuvor um die Zusage eines Unternehmers bemüht haben, der sie anschließend auch einstellt. Früher dagegen gab es viele Weiterbildungen und Umschulungen, die am Markt vorbeigingen, so dass es heute massenhaft Bürokaufleute und Floristen, aber keine Stellen für sie gibt.

Ist die Vermittlung besser geworden?

Kaum. Für die Masse der Arbeitslosen in unserer Region gibt es noch immer viel zu wenig Vermittler in den Ämtern. Und natürlich zu wenig Arbeitsplätze in den Unternehmen – auf eine offene Stelle kommen etwa im südlichen Brandenburg 33 Bewerber, die Arbeitslosenquote liegt bei mehr als 20 Prozent.

Sind die Abläufe im Arbeitsamt schneller und unbürokratischer geworden?

Man spürt davon jedenfalls nichts. Eine Agentur, also ein echter Dienstleister, ist die Behörde jedenfalls noch nicht, als Kunde wird man als Arbeitsloser dort nicht behandelt. Generell ist auch eine Verunsicherung der Beschäftigten dort zu spüren, weil vieles im Umbruch ist. Vor kurzem hat ein Amt zwei Wochen gebraucht, um ein Stellengesuch eines Unternehmens weiterzuleiten. Das ist zu lange und schadet ja auch der Firma.

Setzt das Arbeitsamt denn Erwerbslose stärker unter Druck?

Ja, das ist deutlich spürbar – man muss Bewerbungen und Stellengespräche nachweisen, die Kontrolle ist schärfer geworden. Früher mussten die Behörden belegen, dass ein angebotener Job zumutbar ist, heute ist es umgekehrt – der Arbeitslose muss nachweisen, dass eine Stelle nicht annehmbar ist, will er seinen Anspruch auf Unterstützung nicht verlieren. Außerdem drängen die Ämter Arbeitslose dazu, in andere Regionen umzuziehen, wo sie eher eine Stelle finden.

Das Gespräch führte Carsten Brönstrup.

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