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Wirtschaft: Es geht nicht um Geld allein

Die Erwartungen der Wirtschaft an den Bildungsgipfel sind hoch – und die Wunschlisten lang

Berlin - Unmittelbar vor dem Dresdner Bildungsgipfel am heutigen Mittwoch haben alle großen Spitzenverbände der Wirtschaft umfangreiche Forderungen an die Politik gestellt. Einstimmig mahnten alle Verbände Bund und Länder, konkrete Ergebnisse zu liefern und sich nicht in Zuständigkeitsfragen zu verheddern.

„Bisher fehlt ein Gesamtansatz“, kritisierte Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes der Deutschen Bauindustrie (ZDB). Kernproblem im Bildungssystem sei die hohe Schulabbrecherquote und für die Bauindustrie vor allem die hohe Studienabbrecherquote im Ingenieurwesen. „Wenn sich Bund und Länder in Dresden darauf einigen könnten, die Zahl der Abbrecher deutlich reduzieren zu wollen, wäre uns schon geholfen“, sagte er.

In Deutschland gebe es aktuell 150 000 offene Stellen für Ingenieure, Informatiker und Naturwissenschaftler, klagten auch der Telekommunikationsverband Bitkom und der Verein Deutscher Ingenieure (VDI). Besonders der Mittelstand habe es schwer, die Stellen zu besetzen, hieß es auch beim Autoverband VDA. „Das Bildungssystem ist heute nicht in der Lage, den Bedarf der Hightech-Industrie an hoch qualifizierten Fachkräften zu decken“, sagte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. „Die abflauende Konjunktur infolge der Finanzkrise wird den Expertenmangel kaum abschwächen, da er strukturelle Ursachen hat.“

Der VDI und Bitkom legten daher ein Fünf-Punkte-Programm für die technische Bildung vor. Dessen Kern ist die Erhöhung der Bildungsausgaben um rund 25 Milliarden Euro pro Jahr. Eine weitere Forderung ist die Einführung von Technik- und Informatikunterricht als Pflichtfach in den Schulen. „Wenn wir einen Durchbruch bei der Gestaltung einer zukunftsorientierten Bildungspolitik erzielen wollen, müssen die Vorschläge der Wirtschaft gehört werden“, sagte Scheer.

Für ein völlig neues Selbstverständnis der Schulen plädiert der Maschinenbau. „Schule muss zur Drehscheibe werden, an der Bildung und Berufswelt stärker zusammenfinden“, forderte Manfred Wittenstein, Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Die aktuelle Situation malt die mit knapp einer Millionen Beschäftigten größte deutsche Industriebranche dunkelgrau. Das „Fundament des herausragenden Produktionsstandortes Deutschland droht zu erodieren“, da im Maschinenbau bis zu 9000 Ingenieursstellen nicht besetzt werden könnten. Und dieses Problem werde sich verschärfen. „Der Trend zur Höherqualifikation, die demografische Falle und die beschleunigte technologische Entwicklung sind Fakt“, erklärte Wittenstein.

Es sei an der Zeit, die Hochschulen auch für Facharbeiter zu öffnen, forderten sowohl ZDB als auch VDMA. Allerdings werde dies erschwert durch einen „Flickenteppich“ unterschiedlicher Regelungen in den einzelnen Bundesländern, sagte Wittenstein. „Bildungswege dürfen aber nicht aufgrund föderaler Wirrnisse abgeschnitten werden.“

Einige Verbände kritisierten, nicht zum Bildungsgipfel eingeladen worden zu sein, sicherten der Politik aber ihre Mithilfe zu, sollten einige der Vorschläge umgesetzt werden. Mitarbeit: alf/mot/vis

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