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Börsenverlierer.

© AFP

Wirtschaft: Es kommen härtere Zeiten

Die Quartalsberichte der Industriekonzerne deuten auf eine Trendwende bei den Gewinnen hin

Frankfurt am Main - Ein seltsamer Kontrast prägt die aktuelle Quartalssaison der deutschen Unternehmen: Während an der Börse die Schuldenkrise sowie die Furcht vor einer neuen Konjunkturflaute hektische Nervosität erzeugen, präsentieren die großen Industriekonzerne – von einigen Ausnahmen abgesehen – gute, zum Teil sogar hervorragende Zahlen. Doch während Umsatz und Gewinne zumeist noch steigen, zeigt sich bei anderen Kennzahlen ein gemischtes Bild. Einige Unternehmen dürften sich daher wieder auf härtere Zeiten einstellen.

In der Summe steigerten die 25 Industriekonzerne im Dax 30 ihren Umsatz im ersten Halbjahr 2011 immerhin noch um zwölf Prozent auf 550 Milliarden Euro, wobei bei Infineon, Siemens und Thyssen-Krupp die Neunmonatszahlen eingerechnet sind. Die Betriebsgewinne (Ebit) legten gegenüber dem Vorjahr um neun Prozent auf 48 Milliarden Euro zu, die Nettogewinne sogar um ein Fünftel. Darin enthalten sind die heftigen Ertragskorrekturen bei den Energieversorgern Eon und RWE, die von der Energiewende auf dem falschen Fuß erwischt wurden (siehe Seite 17). Klammert man diese beiden Unternehmen aus der Analyse aus, haben sich die Betriebs- und Nettogewinne der Dax-Industrieunternehmen im ersten Halbjahr sogar noch deutlich stärker, nämlich um ein Drittel beziehungsweise um fast die Hälfte verbessert. Einige Konzerne haben ihre Gewinne sogar mehr als verdreifacht. Im Falle von VW und MAN spielten dabei allerdings auch Buchgewinne aus der Neubewertung von Beteiligungen eine Rolle.

Darüber hinaus profitierten die Autobauer aber von einem sehr starken operativen Geschäft und dem anhaltenden Boom in Schwellenländern. VW und BMW steigerten die Umsätze von Januar bis Juni im Vergleich zum Vorjahr um 26 und 22 Prozent. Daimler lag mit einem Umsatzplus von zehn Prozent etwas dahinter zurück. Und auch andere Konzerne profitieren vom Export: Infineon legte in den ersten Monaten seines Geschäftsjahres um 26 Prozent zu.

In den Prognose-Berichten der Unternehmen findet sich ebenfalls wesentlich mehr Zuversicht als am Kapitalmarkt. Zwar fehlt es nicht an Hinweisen auf wachsende konjunkturelle Risiken. Gleichwohl musste kein Dax-Unternehmen bislang die eigene Jahresprognose wegen schwächerer Nachfrage oder einer konjunkturellen Abkühlung reduzieren. Dort, wo nach unten korrigiert wurde, spielten eher andere Gründe eine Rolle: bei Merck unerwartet hohe Abschreibungen im Pharmabereich, und Metro führt Umsatzausfälle vor allem auf die Ehec- Krise zurück. Mit den starken Halbjahresergebnissen im Rücken haben immerhin sieben der 25 Unternehmen ihre Jahresprognose angehoben.

Doch in den Quartalszahlen verbergen sich auch Warnsignale. Zum einen zeigt ein genauerer Blick in die Daten, dass sich die Dynamik im Jahresverlauf bereits beträchtlich verlangsamt hat. Die Aufholeffekte nach der Krise lassen nach. Ohne RWE und Eon stiegen die Betriebsgewinne durchschnittlich um 19 Prozent im zweiten Quartal, gegenüber mehr als 50 Prozent im ersten Quartal. Thomas Harms, Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young, wertet diesen Trend als klares Indiz dafür, dass sich der Aufschwung abschwächt. „Der Boom hat seinen Zenit überschritten.“ Grundsätzlich bleibt er aber zuversichtlich: Trotz der aktuellen Abschwächung habe die deutsche Wirtschaft mittelfristig weiterhin gute Perspektiven.

Ähnlich argumentieren viele Analysten, wobei sie ihre Schätzungen inzwischen zusehends nach unten korrigieren. Experten der Commerzbank etwa reduzierten am Freitag ihre Gewinnerwartungen für die Chemiebranche im Jahr 2012 um gut ein Zehntel. Aktien-Strategen der DZ Bank warnen, dass die bisherigen Schätzungen der Analysten, die auf etwa 15 Prozent Gewinnwachstum für die Dax-Unternehmen im kommenden Jahr hinauslaufen, nicht zu halten sind.

Die Bilanzstrukturen zeigen sich dabei weiter in solider Verfassung. So lag die durchschnittliche Eigenkapitalquote der 25 Dax-Industriekonzerne zum Halbjahr bei 30,2 Prozent. Ende Juni 2010 hatte die Quote mit 28,5 Prozent leicht darunter gelegen. Etwa zwei Drittel der Unternehmen konnten auch ihre Verschuldungskennzahlen gegenüber dem Vorjahr noch leicht verbessern. Zudem haben die Firmen noch genügend Geld in der Kasse, um die günstigeren Bewertungen für Zukäufe zu nutzen, argumentiert Ernst-&-Young- Experte Harms. Finanziell erscheinen die meisten Unternehmen damit gut gerüstet für eine vorübergehende Schwächephase – auch wenn sie eine Delle in der Ertragsentwicklung wohl nicht vermeiden können. S. Hofmann, S. Metzger (HB)

S. Hofmann[S. Metzger (HB)]

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