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Wirtschaft: „Es war ein sch... Jahr“

Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn schreibt 2011 ab und will länger bleiben.

Berlin - Rote Zahlen haben bei Air Berlin leider Tradition. Da sahen die Chefs der zweitgrößten deutschen Airline am Freitag offenbar auch keinen Grund, plötzlich in Sack und Asche zu gehen. Vorstandschef Hartmut Mehdorn und sein Finanzvorstand Ulf Hüttmeyer gaben sich bei der Präsentation der Jahresbilanz 2011 im Berliner Interconti betont gut gelaunt. Mehdorn trieb Hüttmeyer gen Ende der Präsentation sogar in einen Lachanfall, indem er ihm ein Zettelchen hinschob, während Hüttmeyer gerade umständlich zu erklären versuchte, warum Air Berlin nicht schon viel früher nötige Reformen angepackt hat. „Neue Besen kehren anders“ stand auf dem Zettel: Ein Insiderwitz aus der Chefetage, über den im Saal sonst keiner lachen konnte.

An anderer Stelle ließ Mehdorn aber Scherze beiseite. „Es war ein sch... Jahr“, sagte er, ohne das Wort ganz auszusprechen. „Rabenschwarz“ nannte er die Bilanz an anderer Stelle: Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) verschlechterte sich von minus neun Millionen (2010) auf minus 247 Millionen Euro 2011. Dafür machten die Vorstände vor allem den gestiegenen Kerosinpreis und die Anfang 2011 eingeführte Luftverkehrssteuer verantwortlich. Diese beiden Posten hätten das Unternehmen mit Mehrkosten von 395 Millionen Euro belastet. Unterm Strich ergaben sich 272 Millionen Euro Nettoverlust nach 97 Millionen Verlust im Vorjahr.

Zugleich stieg die Passagierzahl leicht um 1,2 Prozent, der Umsatz wuchs sogar um knapp 14 Prozent auf 4,23 Milliarden Euro. Das heißt: Air Berlin ist erneut weiter gewachsen, hat sich von der Gewinnschwelle aber wieder weiter entfernt. „Das ist ein schlechtes Ergebnis und es gibt niemanden, der sich so darüber ärgert wie wir selbst“, sagte Mehdorn noch einmal.

Aber dann wieder: Optimismus. Man sei gut aufgestellt. „Wir sehen uns aufsteigend in die Bundesliga der Top-Airlines der Welt. Wir sind kein europäischer Nischenplayer mehr“, sagte Mehdorn und begründete dies mit dem Einstieg der staatlichen Fluglinie Etihad des Emirates Abu Dhabi, die seit wenigen Wochen 29 Prozent an Air Berlin hält und der Gesellschaft zudem ein zinsgünstiges Darlehen gewährte. Bereits in den ersten Wochen der Partnerschaft habe Etihad Air Berlin durch eine Verzahnung der Streckennetze mehr Passagiere zugespielt als gedacht. Am kommenden Dienstag wird Air Berlin zudem seinen Beitritt zur Luftfahrtallianz Oneworld feierlich begehen. Auch von dieser Partnerschaft, die rund 20 Millionen Euro für die Umstellung von Buchungssystemen gekostet habe, verspreche er sich zusätzliche Erlöse, sagte Mehdorn. Angeschoben wurde der Oneworld-Beitritt noch von Joachim Hunold, der seinen Posten zum September nach 20 Jahren abgab (siehe Kasten).

Mehdorns Beitrag zur Sanierung des Unternehmens ist die Umsetzung des Programms „Shape & Size“, mit dem Air Berlin jährlich rund 200 Millionen Euro ergebniswirksam einsparen will – und zwar ohne größeren Personalabbau oder gar betriebsbedingte Kündigungen. Spareffekte sollen vielmehr ein neues Buchungsmanagement und etwa eine weitere Reduzierung der Flotte bringen.

Die Maßnahmen zeigten bereits im ersten Quartal eine stärkere Wirkung als gedacht, sagte Hüttmeyer. Eine konkreten Ausblick fürs Gesamtjahr wagten die Vorstände nicht. Es gilt somit weiter das Ziel, im Jahr 2013 Gewinne einzufliegen. Hunold hatte das Ziel schon für 2011 ausgegeben. Da hatte er allerdings noch nicht mit der Luftverkehrssteuer gerechnet.

Dem 69-jährigen Mehdorn gefällt sein Job offenbar so gut, dass er sich vom Verwaltungsrat jetzt bitten ließ, Air Berlin noch bis Ende des Jahres 2013 zu führen. Ursprünglich war er nur als Interimschef angetreten. Air Berlin, so hieß es schon vor Monaten, lasse bereits nach einem Nachfolger suchen. „Aber machen wir uns nichts vor: Einen Air-Berlin-Chef findet man nicht auf jeder Parkbank.“

Die Aktie reagierte am Freitag zunächst mit starken Verlusten. Bei Börsenschluss notierte das PapierAIR BERLIN] aber nur noch 0,8 Prozent leichter als am Vortag bei 2,28 Euro.

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