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Wirtschaft: „Esser tut mir leid“

Ex-Vodafone-Chef Chris Gent nimmt im Mannesmann-Prozess seinen einstigen Konkurrenten in Schutz

Düsseldorf. Klaus Esser vermeidet den Händedruck. Der ehemalige Mannesmann-Chef hält einen Sicherheitsabstand von ein paar Metern und grüßt seinen alten Kontrahenten Chris Gent nur mit einem kurzen Blick. Der Brite scheint ihm das nicht übel zu nehmen. Er weiß, dass der Schmerz der Niederlage noch immer in Esser schlummert.

Vor vier Jahren musste Esser dem damaligen Vodafone-Chef die Hand reichen, um in einer der größten Übernahmeschlachten der Geschichte klein beizugeben. Damals übernahm der britische Mobilfunker Vodafone die deutsche Industrielegende Mannesmann für 180 Milliarden Euro. Obwohl Esser das bis zuletzt verhindern wollte, wirft Gent ihm kein böses Wort hinterher. „Es tut mir Leid, dass er jetzt Opfer einer so ungerechten Anschuldigung ist", sagt er als Zeuge am Donnerstag vor dem Düsseldorfer Landgericht.

Bei den Verhandlungen habe sich der Mannesmann-Chef für seine Mitarbeiter und Aktionäre eingesetzt und seine eigene Person zurückgestellt. Kein einziges Mal habe Esser vor dem „Ja“ zum Übernahmeangebot eine Entschädigung oder eine Prämie für sich selbst verlangt. „Die Übernahme war durch die internationalen Kapitalmärkte und nicht durch die Prämienzahlungen bestimmt.“

Die Staatsanwaltschaft sieht in Gents Aussage wenig Wahrheitsgehalt. Ihrer Meinung nach wurde Esser Zustimmung zur Übernahme durch eine Zuwendung in Höhe von 15,9 Millionen Euro erkauft. Deswegen ermittelte sie anfänglich auch gegen Gent. Die Untersuchungen wurden aber eingestellt. Dass die Ankläger bei Gent nicht weiterkamen, hinderte sie nicht daran, ihre „Käuflichkeitsvermutung“ im nun neun Wochen andauernden Prozess mitzuschleifen – eine These, die das Gericht nie zur Verhandlung zugelassen hat.

Kein Einwand gegen Millionen-Prämie

Dabei soll der Prozess eigentlich klären, ob die Zahlungen in Höhe von 60 Millionen Euro an Ex-Mannesmann-Manager generell gerechtfertigt waren oder den Konzern geschädigt haben. In diesem Zusammenhang müssen sich neben Klaus Esser auch der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, und der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende Joachim Funk wegen Untreue beziehungsweise Beihilfe zur Untreue verteidigen. Bei seiner Aussage macht Gent schnell klar, dass Vodafone keine Probleme mit der Höhe der Prämien und Abfindungen hatte. „Wir wollten guten Willen zeigen und eine positive Atmosphäre aufbauen.“ Um zu verdeutlichen, dass die Sonderzahlungen an Mannesmann-Leute damals nur eine Randerscheinung waren, kann er sich auch einen Vergleich nicht verkneifen: „Der Vorstandsvorsitzende des US-Mobilfunkbetreibers Airtouch hat für sein Ausscheiden nach der Übernahme durch Vodafone 250 Millionen Pfund erhalten."

Dass Gent nicht bei allen Mannesmann-Angestellten gut Wetter machen wollte, ließ er Joachim Funk spüren. Nach der vollzogenen Übernahme habe er ihn im April 2000 anlässlich einer Aufsichtsratssitzung in der Mannesmann-Zentrale getroffen. „Er war verbittert und unfreundlich und sagte, dass ich ein großes deutsches Unternehmen ruiniert hätte", erinnert sich Gent.

Die Retourkutsche folgte prompt. Nachdem Gent Funk als Aufsichtsratschef abgelöst hatte, genehmigte er seinem Vorgänger zwar die gewünschte Prämie, reduzierte den Betrag aber auf sechs Millionen D-Mark. Dabei hatte Funk Anfang Februar versucht, in einem Beschluss eine Prämie in Höhe von neun Millionen Mark für sich festzuschreiben. Weil Funk sich die Prämie aber im Ausschuss für Vorstandsangelegenheiten selbst genehmigen wollte, scheiterte die Durchführung an der Kritik des Wirtschaftsprüfers KPMG. „Es war unsere grundsätzliche Haltung, dass wir bereits getroffene Entscheidungen bei Mannesmann nicht rückgängig machen wollten", sagt Gent, „aber schließlich war Funk nicht mehr Angestellter des Konzerns“.

Nach der Aussage von Chris Gent wird es in der nächsten Woche zu einer Zäsur im Mannesmann-Prozess kommen. Gericht, Verteidiger und Ankläger treffen sich am kommenden Mittwoch zu einem so genannten „Rechtsgespräch“. Dabei sollen die bisherigen Zeugenaussagen bewertet werden. Die Verteidiger werden eigenen Aussagen zufolge auch darauf drängen, eine Verkürzung des eigentlich noch bis Juni andauernden Prozesses zu erreichen.

Tobias Symanski

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