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So sehen Sieger aus. Claus Weselsky nach dem Sieg der GDL vor dem hessischen Landesarbeitsgericht.

© dpa

Etappensieg für die GDL: Claus Weselsky ist der neue Star

Der GDL-Chef siegt vor Gericht gegen die Bahn. Die Mitglieder feiern ihn - auch auf einer Demonstration in Berlin.

Hans Albers, Rainer Werner Fassbinder, Billy Wilder, Ruth Leuwerik: Ihre Namen sind ins Pflaster eingelassen am Potsdamer Platz. Mit vielen Dutzend anderen bilden sie den „Boulevard der Stars“ aus Film und Fernsehen. Seit Freitag um kurz nach zwölf Uhr steht ein neuer Name in der Reihe. „Claus Weselsky“ hat einer hingekritzelt, etwas krakelig und mit roter Kreide, direkt vor dem Glasturm der Deutschen Bahn.

Sie lieben ihren Vorsitzenden, die Lokführer der Gewerkschaft GDL. Ungefähr 500 von ihnen sind gekommen, um das lautstark zu beweisen. Aus dem ganzen Land – mit dem Bus, Züge fahren ja kaum wegen ihres Streiks. Mitgebracht haben sie das Übliche aus dem Demonstrationsarsenal: Trillerpfeifen, Plastik-Shirts mit Gewerkschaftslogo, Mittelfinger, Transparente. „Grundrechte sind nicht verhandelbar“ steht darauf, „es reicht" oder „wir halten zusammen“.

Das ist der tiefere Sinn dieser Veranstaltung: Geschlossenheit zeigen, dem Arbeitskampf ein Gesicht geben, dem Vorsitzenden den Rücken stärken. Das hatte die GDL bislang versäumt, deshalb hat sie eine schlechte Presse. Von einem Ego-Trip Weselskys ist die Rede, dass der Streik überzogen sei und dass es an der Basis der Gewerkschaft bröckele, weil die Kollegen den Unmut gestrandeter Bahn-Kunden fürchteten.

"Die meisten haben Verständnis für unseren Streik"

„Das ist Unsinn“, sagt Björn Goblirsch. Er ist aus Kassel gekommen und fährt normalerweise Güterzüge durch die Republik. „Im Gegenteil – der Zusammenhalt unter uns ist seit Beginn des Streiks noch größer geworden." Keiner der Kollegen zweifle an der Linie Weselskys. „Natürlich gibt es mal Kritik von den Fahrgästen", erzählt Oliver Reichert, ein Lokführer aus Erfurt. „Aber die meisten haben Verständnis für unsere Aktion.“

Dafür muss auch Norbert Quitter sorgen an diesem Tag. Er ist der Vize Weselskys, der zur selben Zeit vor einem Frankfurter Richter die Rechtmäßigkeit des Streiks verteidigen muss. „Wir verstecken uns nicht, wir kämpfen für unsere Ziele“, ruft er ins Mikrofon. Es gehe nicht um Macht, beteuert er. Sondern darum, Belastungen zu senken, nicht immer am Wochenende arbeiten zu müssen, mehr Zeit für die Familien zu haben. Drei Millionen Überstunden hätten die Lokführer angehäuft. Man müsse „das Spiel des Bahn-Konzerns beenden“. Nicht einmal eine Gewinnbeteiligung für die Mitarbeiter habe es zuletzt gegeben, nur „einen Tritt in den Arsch". In jeder Sprechpause malt Quitter einen weiteren Haken auf seinen Sprechzettel.

Michael Horcher, Richter am Landesarbeitsgericht Hessen in Frankfurt am Main, hatte Quitters Vorsitzender Weselsky da schon überzeugt. Er befand in zweiter Instanz, dass der für 109 Stunden angesetzte Streik nicht unverhältnismäßig sei im Verhältnis zum Schaden, der durch ihn entsteht. In erster Instanz war die Bahn am Donnerstagabend gescheitert. Einen Vermittlungsversuch des Richters lehnte die GDL am Freitag ab, während der Staatskonzern ihn befürwortete. Rechtsmittel kann er nun nicht mehr einlegen.

Bis zur Normalisierung wird es dauern

Nach diesem Sieg auf ganzer Linie verkündete Weselsky, dass der Streik statt bis Montagmorgen um vier nur bis Samstag um 18 Uhr dauern wird. Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber, der nur auf Drängen von Verkehrsminister Alexander Dobrindt vor Gericht gezogen war, sagte, die Aktion habe sich doch noch gelohnt.

Die Bahn will nun den Zugverkehr schnell auf den normalen Stand bringen, wie ein Sprecher sagte. An den Streiktagen hatte sie einen Ersatzfahrplan in Kraft gesetzt. Es werde aber mit Sicherheit am Sonntag noch nicht das volle Angebot zur Verfügung stehen, hieß es. Im Nahverkehr werde der Normalzustand schneller erreicht als bei ICEs und ICs. Das Unternehmen empfahl Kunden, sich unter der Nummer 0 80 00-99 66 33 zu informieren, welche Verbindungen bedient würden. Am Freitag war rund ein Drittel der Personenzüge gefahren und die Hälfte der Güterzüge. Regional war die Verteilung unterschiedlich: Mal waren 60 Prozent der Bahnen unterwegs, mal – wie im Osten – nur 15 Prozent. Auf der stark frequentierten Strecke zwischen Köln/Düsseldorf und Berlin fuhren ICEs stündlich, auf den Nord-Süd-Verbindungen Basel-Berlin und Hamburg-Zürich zweistündlich.

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