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Dacian Ciolos.

© AFP

EU-Agrarkommissar Ciolos: "Die Bauern bekommen im Juli Geld"

EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos spricht im Interview über die Millionenhilfe.

Herr Ciolos, heute sollen die EU-Regierungen Ihren 210-Millionen-Euro-Plan für Entschädigungszahlungen an betroffene Landwirte absegnen. Muss das sein?

Es ist unsere einzige Option, um den am stärksten betroffenen Betrieben schnell zu helfen. Wir als EU-Kommission haben dafür die letzten noch verfügbaren Mittel aus dem Agrarhaushalt zusammengetragen. Gibt es eine positive Entscheidung, könnte schon nächsten Monat damit begonnen werden, das Geld auszuzahlen.

Und 210 Millionen reichen aus?

Manche Mitgliedstaaten hätten gerne mehr. Aber mehr als die 210 Millionen Euro sind für diese Art von schneller Hilfe nicht vorhanden. Es gab 2009 einen Sonderfonds, der die Auswirkungen der Milchkrise abmildern sollte – aber es dauerte dann zwölf Monate, bis die Bauern wirklich Unterstützung erhielten.

Wer wird wie viel Geld bekommen?

Jene Produzenten, die seit dem 26. Mai Gurken, Tomaten, Salate, Paprika und Zucchini vom Markt nehmen mussten, werden EU-Unterstützung in Höhe von grob 50 Prozent der normalen Preise in einem Juni erhalten. Diese fließt zusätzlich zu der Entschädigung, die schon von Erzeugergemeinschaften bereit gestellt worden ist, denen in Deutschland immerhin etwa 40 Prozent der Obst- und Gemüsebauern angehören. Die EU-Hilfe wird bis Ende Juni verfügbar sein.

Haben Sie erwogen, Deutschland diese Kosten in Rechnung zu stellen?

Die Krise hat den Absatz von Gemüse in ganz Europa abstürzen lassen – ich sehe das deshalb als europäische Krise, für die wir eine europäische Lösung brauchen.

Sie haben eingeräumt, dass Brüssel für diese Art von Krise nicht gewappnet war. Was meinten Sie damit?

Die EU-Regeln erlauben der Kommission, im Fall von Marktstörungen Maßnahmen zu ergreifen. Das gilt aber nur für Rindfleisch und Milcherzeugnisse. Es ist sogar so, dass die einzige gesetzliche Option speziell für den Obst- und Gemüsebereich Ende vergangenen Jahres ausgelaufen ist. Im Ergebnis mussten wir eine Notfallklausel bemühen, um die Hilfen so schnell beschließen zu können.

Welche Auswirkungen wird die Ehec-Krise auf die Agrarreform haben, die Sie im Herbst vorschlagen?

Die Krise hat erneut verdeutlich, wie verletzlich Landwirte gegenüber Marktstörungen und starken Preisschwankungen sind. Es ist meine Absicht, dass die Reform zusätzliche Mechanismen vorsieht, damit die Bauern mit dieser Fluktuation fertig werden. Das könnten Versicherungsprogramme sein oder gemeinsame Fonds. Oder sehen Sie die deutschen Rindfleischproduzenten: Die Dürre hat nicht nur die Menge an Futter reduziert, die sie herstellen konnten. Zugleich hat die Trockenheit die Preise für Tierfutter in die Höhe getrieben. Obwohl also die Gewinnmarge geschmälert ist, haben wir keine Chance, unsere Marktstützungsinstrumente einzusetzen, weil sich die Preise für Rindfleisch noch auf einem normalen Niveau bewegen. Auch das müssen wir bei der Reform berücksichtigen.

Dacian Ciolos ist seit 2010 in der EU-Kommission für Agrarpolitik zuständig. Der Rumäne kommt vom Fach, er ist Argraringenieur. Mit Ciolo sprach Christoph Ziedler.

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