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Wirtschaft: EU beschließt strengeren Stabilitätspakt Gewerkschafter demonstrieren

Brüssel - Die Europäische Kommission verschärft die Gangart gegen Haushaltssünder. Sie beschloss am Mittwoch in Brüssel ein umfassendes Gesetzespaket, nach welchem EU-Staaten bei Defizitverstößen schneller Sanktionen drohen.

Brüssel - Die Europäische Kommission verschärft die Gangart gegen Haushaltssünder. Sie beschloss am Mittwoch in Brüssel ein umfassendes Gesetzespaket, nach welchem EU-Staaten bei Defizitverstößen schneller Sanktionen drohen. Damit zieht die Kommission die Konsequenz aus der Krise Griechenlands und des Euro im Frühjahr.

„Wir müssen die Handbremse ziehen, bevor der Wagen in den Abgrund rollt“, sagte Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Das Paket soll nun bis zum Frühjahr vom Europaparlament und den nationalen Regierungen verabschiedet werden.

Kern der Vorschläge – gegen die am Mittwoch ein paar zehntausend Gewerkschafter demonstrierten, weil sie finden, dass die Haushaltskürzungen die Bürger und nicht die Verursacher der Krise treffen – ist eine frühere Bestrafung von Defizitsündern. So soll ein EU-Staat, wenn seine Neuverschuldung die Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) überschreitet, automatisch einem Defizitverfahren unterzogen werden. Mussten bisher die EU-Finanzminister der Einleitung zustimmen, soll das Verfahren künftig als eröffnet gelten, wenn die Minister nicht innerhalb von zehn Tagen mit Mehrheit widersprechen. Gegen diesen Automatismus hatte sich die französische Finanzministerin Christine Lagarde heftig gewehrt. Ein solches Verfahren müsse eine politische Entscheidung bleiben und dürfe nicht den Technokraten überlassen werden.

Die Kommissionspläne sehen jedoch genau dies vor: Sofort nach Beginn des Prozederes müsste der jeweilige Staat ein Pfand in Höhe von 0,2 Prozent seines BIP in Brüssel hinterlegen. Im Falle Deutschlands wären das rund fünf Milliarden Euro. Sollten die Sparempfehlungen der EU dann nicht umgesetzt werden, würde das Pfand als Strafe einbehalten.

„Hier wird mit der Sparkeule einseitige Politik gemacht, ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche und soziale Situation in Europa“, rügte die rheinland-pfälzische SPD-Europaabgeordnete Jutta Steinruck. Statt Spardiktaten brauche Europa eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung. Auch die Gesamtverschuldung, die laut EU-Vertrag nicht über 60 Prozent des BIP liegen soll, wird frühestens vom Jahr 2013 an als Kriterium zur Einleitung eines Strafverfahrens herangezogen. Eine jährliche Geldbuße in Höhe von 0,1 Prozent des BIP soll künftig bezahlt werden, wenn ein Eurostaat „es wiederholt versäumt, auf Empfehlungen des Rates zur Beseitigung übermäßiger Ungleichgewichte zu reagieren“.

Nicht Bestandteil des Gesetzespaketes ist die Verknüpfung von EU-Strukturfonds und Agrarmitteln mit einer Haushaltspolitik, wie sie sich Brüssel wünscht. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, der die Reformarbeitsgruppe der Finanzminister leitet, sagte diese Woche jedoch, diese solle „ebenfalls so schnell wie möglich eingeführt werden“. Die weitere Reform des Stabilitätspaktes soll nach dem EU-Gipfel Ende Oktober intensiver beraten werden. Christopher Ziedler

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