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Wirtschaft: EU darf Deutschland zum Sparen zwingen

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Stabilitätspakt fordern EU-Partner und Opposition einen scharfen Sparkurs

Berlin – Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Stabilitätspakt (Aktenzeichen C-27/04) gerät Bundesfinanzminister Hans Eichel unter stärkeren Druck zu sparen. Die Opposition sieht in dem Urteil eine „schallende Ohrfeige“. Es sei ein „Stopp-Signal“ für die Berliner Schuldenpolitik, befand CSU-Chef Edmund Stoiber. Der österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser forderte die Kommission im Tagesspiegel dazu auf, das Defizitverfahren wieder in Gang zu setzen. „Deutschland und Frankreich müssen neue Sparauflagen samt Fristen bekommen“, sagte Grasser. Das Urteil sei ein positives Signal für den Stabilitätspakt.

Der EuGH hatte der Kommission bei ihrer Klage gegen den Ministerrat teilweise Recht gegeben. Hintergrund ist eine Sitztung vom November 2003, bei dem die Mehrheit der Finanzminister nicht für die Sparauflagen der Kommission für Frankreich und Deutschland stimmte. Beide hatten mehrmals in Folge gegen den Stabilitätspakt verstoßen, weil ihre Neuverschuldung über drei Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsproduktes (BIP) lag. Der Rat überlegte sich dann selbst unverbindliche Empfehlungen für die beiden Länder. Das ist laut EuGH nicht rechtmäßig gewesen. Legal war aber, den Sparauflagen nicht zuzustimmen.

Deutschland wird vermutlich im kommenden Jahr zum vierten Mal in Folge den Pakt brechen – derzeit plant Eichel mit einer Neuverschuldung von 22 Milliarden Euro. Es hänge vom Konjunkturverlauf ab, ob für 2005 weitere Sparmaßnahmen erforderlich werden, um den Euro-Stabilitätspakt zu erfüllen, sagte Eichel. Wo er noch sparen könnte, ist jedoch unklar. Die Kommission will nun zunächst mit dem Ministerrat sprechen, bevor sie das Defizitverfahren möglicherweise wieder einleitet. Die Behörde will ohnehin eine Debatte über die Reform des Paktes einleiten. Erste Vorschläge hat Währungskommissar Joaquin Almunia bereits präsentiert – er will den Staaten unter anderem mehr Zeit zur Konsolidierung einräumen. Grünen-Wirtschaftsexperte Fritz Kuhn fordert ebenfalls eine „flexiblere Auslegung des Stabilitätspakts". In konjunkturellen Schwächephasen müsse es möglich sein, die Defizit-Grenze zu überschreiten, sagte er dem Tagesspiegel. „Wenn das Wirtschaftswachstum unter der Beschäftigungsschwelle liegt, muss eine geringere Schuldentilgung erlaubt sein. Liegt es darüber, muss mehr getilgt werden.“

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