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EU: Ein Sieg für die Mallorca-Rentner

Die Bundesregierung muss die Regeln zur staatlichen Förderung der Altersvorsorge ändern. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg.

Düsseldorf/Frankfurt am Main - Die Bundesregierung muss die Regeln zur staatlichen Förderung der Altersvorsorge ändern. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg. Nach Ansicht des EuGH verstößt die Riester-Rente in Teilen gegen europäisches Recht, weil sie die Freizügigkeit behindere und einige Personengruppen diskriminiere (Rechtssache C-269/07).

Stein des Anstoßes ist, dass Deutschland seit 2002 die private Altersvorsorge mit Zulagen und Steuerfreiheit in der Ansparphase fördert, gleichzeitig aber die Renten bei Auszahlung besteuert. Zieht nun aber ein Ruheständler ins europäische Ausland, hat der deutsche Fiskus in der Regel keinen Zugriff mehr; in Folge dessen fordern die Finanzämter bei Wegzug bereits gezahlte Zulagen zurück – und genau damit behindere Deutschland die Freizügigkeit in Europa, so die Luxemburger Richter. Das Gericht folgte damit der Argumentation des Generalanwalts. Betroffen sind zum einen „Mallorca-Rentner“, also Deutsche, die ihren Lebensabend in einem anderen EU-Land verbringen, aber auch Gastarbeiter, die nach der Erwerbsphase aus Deutschland zurück in ihre Heimat ziehen.

Verbraucherschützer begrüßen das Urteil. „Gerade für Jüngere spielt die nun gewonnene Flexibilität eine große Rolle, die Klarheit darüber macht das Riestern attraktiver", sagte Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Im Durchschnitt verbringen mehr als sechs Prozent der Rentner unter den Bundesbürgern ihren Lebensabend im Ausland. Interessanter dürften Riester-Verträge nun aber auch für ausländische Arbeitnehmer werden, die zur Rente wieder in ihre Heimat zurückgehen wollen.

Auch in einem zweiten Punkt muss die Bundesregierung die Riester-Rente nachbessern: So muss dieVergünstigung künftig auch für Wohneigentum in anderen EU-Staaten gelten. Bislang dürfen Riester-Sparer mit den staatlich geförderten Ersparnissen nur eine Immobilie in Deutschland kaufen, nicht aber im Ausland. Da dies vor allem Beschäftigte treffe, die zwar in Deutschland arbeiteten, aber keinen deutschen Pass besäßen, stuften die Richter diese Vorschrift als „mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit“ ein.

Zudem kippte das Gericht die Regel, nach der EU-Bürger, die zur Arbeit nach Deutschland pendeln, von der Riester-Förderung ausgeschlossen sind. Künftig sollen nun auch die 67 000 Grenzgänger, die zwar in Deutschland arbeiten und Sozialversicherungsbeiträge zahlen, aber im Ausland wohnen und dort besteuert werden, die deutsche Förderung bekommen können.

Das Bundesfinanzministerium kündigte an, die Vorgaben des Urteils möglichst zeitnah umsetzen zu wollen. Die fiskalischen Auswirkungen seien derzeit noch nicht genau bezifferbar. Das Freiburger Centrum für Europäische Politik (CEP) schätzt die Steuerausfälle auf 500 Millionen Euro pro Jahr, die der Fiskus in Zukunft verkraften müsse.

Die Grünen forderten die Regierung auf, Doppelbesteuerungsabkommen so zu ändern, dass – ähnlich wie in den USA – im Ausland lebende Staatsbürger im Inland steuerpflichtig sind; im Ausland bereits geleistete Steuern sollten im Inland angerechnet werden.

CEP-Experte Thiemo Jeck plädierte dafür, die Besteuerung geförderter privater Altersvorsorge EU-weit zu regeln. Am einfachsten wäre eine Quellensteuer. Vorbilder gäbe es dafür zwischen den skandinavischen Ländern sowie zwischen Deutschland und Kanada. Dabei werden Steuern auf Einkünfte direkt an der Quelle abgezogen und an das Finanzamt weitergeleitet. HB

Axel Schrinner, Anke Rezmer

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