zum Hauptinhalt

EU-Entscheidung: Brüssel genehmigt Übernahme von Conti

Die Übernahme von Continental durch die Schaeffler-Gruppe ist genehmigt. Die EU-Kommission in Brüssel hat zugestimmt. Doch der Plan der Schaeffler-Gruppe bleibt heikel.

Die EU-Kommission hat die Übernahme des Auto-Zulieferers Continental durch die viel kleinere fränkische Schaeffler-Gruppe am Freitagabend ohne Auflagen genehmigt. Die Zusammenarbeit beider Unternehmen solle angesichts der Krise der Autobranche zügig vorangetrieben werden, teilte Schaeffler-Geschäftsführer Jürgen Geißinger mit. „Das ist das Gebot der Stunde, das wir befolgen müssen, wenn wir gemeinsam deutlich gestärkt aus der Krise hervorgehen wollen.“ Anleger zeigten sich erleichtert von der Nachricht, die nach Schluss des elektronischen Börsenhandels bekannt wurde. Im Frankfurter Handel drehten die Conti-Aktien ebenso ins Plus wie die bereits angedienten Papiere, die gesondert notiert werden. Mit Kursen um 44 Euro beziehungsweise 69 Euro lagen die Titel aber noch deutlich unter dem Angebotspreis von 75 Euro.

Auch wenn Brüssel jetzt grünes Licht gegeben hat: Die Geschichte vom David, der den sehr viel größeren Goliath übernimmt, ist mittlerweile zum Drama mit offenem Ende geworden. Grund dafür sind die Bankenkrise, die Talfahrt der Autoindustrie und vor allem eine zwischen Conti und Schaeffler entbrannte Schlammschlacht.

Schaeffler will fristgerecht zum 8. Januar alle angedienten Conti-Aktien für die im Sommer versprochenen 75 Euro pro Stück kaufen. Finanziert wird das mit einem Kredit über 16 Milliarden Euro. Ein gutes Geschäft ist das aber längst nicht mehr, seit das Papier krisenbedingt etwa die Hälfte seines Wertes verloren hat. Zudem wurden dem fränkischen Familienunternehmen so viele Aktien angeboten, dass Schaeffler auf 90 Prozent der Conti-Anteile käme. Eine mit Conti unterzeichnete Vereinbarung limitiert Schaeffler aber auf knapp unter 50 Prozent. Wohin mit den überschüssigen 40 Prozent? Dies ist nur eines der Probleme, die das Geschäft heute belasten. Die Banken drängen Schaeffler jetzt angeblich, Continental komplett zu übernehmen.

Die Gefahr besteht, dass der Milliardenkredit noch platzt. Ernste Sorgen bereitet nun vor allem die Refinanzierung der Milliardensumme, also die Frage, wie Schaeffler den Kredit angesichts der über die Zulieferbranche hereingebrochenen Krise jemals tilgen will. Deshalb geht es hinter den Kulissen heftig zur Sache.

Hauptakteure sind Schaeffler-Chef Jürgen Geißinger und Conti-Aufsichtsratschef Hubertus von Grünberg, die sich zwar nicht persönlich zu Wort melden, aber Botschaften streuen lassen: „Grünberg will Geißinger abschießen“, heißt es in Franken. Es sei der von Realitätsverlust begleitete und zum Scheitern verurteilte Versuch, den ab Januar dominierenden Aktionär in die Schranken zu weisen. „Wir werden die Situation rasch klären und nicht zulassen, dass der Schwanz mit dem Hund wedelt“, tönt es bei Schaeffler. Keinesfalls wolle man aber als baldiger Großaktionär Conti schaden.

Auch das Land Niedersachsen mischt sich ein. Die Conti-Führung werde nicht erlauben, dass Schaeffler die Hannoveraner Reifen-Sparte verschleudere oder Conti in Milliardenhöhe überschulde, um die eigene Haut zu retten, heißt es dort. „Wenn die so weitermachen, fährt das Ganze operativ gegen die Wand und alles wird explodieren“, warnt ein Insider der Conti-Seite.

Auch Banken warnen vor Konsequenzen. Als offenes Geheimnis kursiert ein Plan von Schaeffler, rasch nach Vollzug des Conti-Deals Anfang 2009 eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen. Verordnet werden könnte dort eine Sonderdividende, die Schaeffler aufpäppelt. Conti will Dividenden auf zwei Jahre ganz streichen, um sich für die Krise zu wappnen. Schaeffler drängt angeblich auch auf Verkauf der Conti-Reifensparte. Verfügen könnte Schaeffler zudem eine Verschmelzung beider Kfz-Zulieferteile, wobei Conti fürchten muss, dass dabei bis zu sechs Milliarden Euro Schulden auf Conti übertragen werden. Grünberg droht ohnehin ein Rauswurf. „Das ist das Geschäftsgebahren einer Heuschrecke in Reinstform“, kritisiert ein Conti-Manager. Die Hannoveraner wären dann überschuldet. Sie haben gerade den Konkurrenten VDO über Kredite für elf Milliarden Euro übernommen. Diese Last ist wegen einbrechender Gewinne so gewaltig, dass die VDO-Banken den Kredit nun nachverhandeln wollen und dürfen.

In diese Verhandlungen wollte sich nun Schaeffler-Chef Geißinger einschalten, obwohl er in Hannover noch nicht das Sagen hat und der Vertrag mit Conti das ausdrücklich verbietet. Auch das zeigt, wie angespannt die Lage ist. Thomas Magenheim-Hörmann

Thomas Magenheim-Hörmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false