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Wirtschaft: EU-Finanzminister für Leitlinien zur Krisenbewältigung

WIEN .Die Privatwirtschaft soll stärker als bisher in die Anstrengungen zur Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrisen eingespannt werden.

WIEN .Die Privatwirtschaft soll stärker als bisher in die Anstrengungen zur Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrisen eingespannt werden.Das haben die Finanzminister der Europäischen Union bei ihrem informellen Wochenendtreffen in Wien gefordert.Gemeinsam mit dem Generaldirektor des Internationalen Währungsfonds (IWF), Michel Camdessus, haben sie die Lehren aus den jüngsten Turbulenzen in Rußland und Asien gezogen.Breite Zustimmung fanden dabei die fünf Leitlinien zur künftigen Krisenbewältigung, die der IWF-Direktor den EU-Finanzministern vortrug

Künftig soll alles getan werden, um bessere Informationen über die gefährdeten Wirtschaften zu sammeln und dadurch frühzeitig gewarnt zu sein, wenn sich Krisen zusammenbrauen.

Das Aufsichtssystem über die Banken soll weltweit verbessert werden.

Die Liberalisierung der Finanzmärkte soll auf keinen Fall zurückgenommen werden - keine Kapitalverkehrskontrollen.

Es müssen gemeinsame internationale Verhaltenskodizes entwickelt werden, die es erlauben, auf die unterschiedliche Lage in den jeweiligen Ländern einzugehen.

Private Gläubiger müssen stärker als bisher in die Krisenbewältigung einbezogen werden.

"Keine neuen Hilfsprogramme ohne private Beteiligung", forderte Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer.Tietmeyer wehrte sich gleichzeitig gegen den in den vergangenen Wochen beobachteten "überzogenem Aktivismus".Man brauche keine neuen Regeln der Krisenbewältigung.Stattdessen solle man die längst bestehenden Aufsichtsregeln der Basler Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) strikter anwenden.

Es gehe nicht darum, neues Geld nach Rußland zu pumpen, meinte übereinstimmend auch der Gastgeber des informellen Ecofin-Rats, der österreichische Finanzminister Rudolf Edlinger.Schließlich sei die Krise in Rußland nicht ausgebrochen, weil es an Geld gefehlt habe, sondern weil die notwendigen Strukturen für ein funktionierendes Wirtschafts- und Finanzsystem nicht aufgebaut wurden.

Die EU will deshalb ihre technische Hilfe für Rußland verstärkt fortsetzen und ihre Erfahrung zur Verfügung stellen.Das seit Jahren laufende Tacis-Programm, mit dem die EU den ehemaligen Staaten der Sowjetunion Hilfe bringt, solle sich mehr als bisher auf die entscheidenden Sektoren konzentrieren.Die 300 Mill.Ecu, rund 600 Mill.DM, die jährlich von Brüssel für Rußland bereitgestellt werden, sollten vorrangig für den Aufbau des Bankensystems, einer funktionierenden Verwaltung und für ein effektives System der Steuererhebung ausgegeben werden."Wir müssen an den Ursachen ansetzen", sagte Edlinger.Nur wenn in Rußland ein verläßliches Wirtschaftsprogramm vorliege, werde es Hilfe der EU geben.

Doch ganz so unerbittlich wollten sich die EU-Finanzminister am Wochenende offenbar nicht geben.Auch Bundesbankpräsident Tietmeyer stimmte zu, daß die EU-Kommission und der Währungsuasschuß prüfen sollen, ob man nicht im kommenden Jahr die strengen Kriterien etwas lockern soll, die derzeit internationale Zahlungsbilanzhilfen an Rußland blockieren.

Einig waren sich die Europäer, bei der Sitzung des IWF in dieser Woche gemeinsam für eine Erhöhung der Quoten einzutreten.Es müßten ausreichend Mittel bereitgestellt werden, damit der IWF handlungsfähig bleibe.Gleichzeitig will Frankreich bei der Jahrestagung ein Zwölf-Punkte-Programm zur Reform des IWF vorlegen.Kern des Pariser Vorschlags ist eine Art neues Bretton-Woods-Abkommen.Um wirksamer auf Krisen reagieren zu können, müsse man das Interimskomitee des IWF zu einem "Rat" weiterentwickeln, der sich regelmäßig treffen solle.

Nicht nur innerhalb der Euro-11-Währungsunion müsse man sich besser absprechen, sondern auch auf internationaler Ebene, sagte der französische Finanzminister Dominique Strauss-Kahn am Wochenende.In die Konsultation sollten außer den Industriestaaten auch die Entwicklungsländer, der Pariser Club der Gläubiger und der Privatsektor einbezogen werden.Strauss-Kahn kritisierte, daß die Arbeit an den internen EU-Reformen ("Agenda 2000") zu langsam vorangehe.Im deutschen EU-Halbjahr, das am 1.Januar 1999 beginnt, müsse man auch bei der Annäherung der Steuern Fortschritte erzielen, mahnte der Binnenmarkt-Kommissar Mario Monti.Er sprach von einer "starken politischen Verpflichtung".Sowohl die Energiesteuer als auch die Unternehmensbesteuerung bleiben auf der Tagesordnung.Vor allem aber müsse man sich über die europaweite Besteuerung der Kapitalerträge einig werden.Um aber Kapitalabflüsse in Steueroasen außerhalb der EU, in die Schweiz oder die Kanalinseln, zu verhindern, müsse man auch im Rahmen der OECD oder aber bilateral mit den für die Steurflucht in Frage kommenden Ländern verhandeln.

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