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Zu wenig. In den kommenden Jahren rechnet Griechenland mit einer Finanzlücke von zehn Milliarden Euro.

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EU-Hilfen: Neue Rechnung für Griechenland

Das Milliarden-Loch im Hilfsprogramm für Griechenland muss gestopft werden – aber wie? EU-Kommissar Oettinger will einen Schuldenschnitt nicht ausschließen.

Das Loch im Hilfsprogramm für Griechenland, das bis Ende nächsten Jahres läuft, ist nach Angaben der EU-Kommission zwischen 2,8 und 4,6 Milliarden Euro groß. Diese Zahlen nannte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn vor der Sommerpause. Unter der Hand hört man in der Brüsseler Behörde auch eine Schätzung für den Fehlbetrag bis Ende 2016 – insgesamt elf Milliarden Euro. Das ist die Summe, die der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger am Wochenende als „kleinen zweistelligen Milliardenbetrag“ bezeichnete. Genaueres wird man wissen, wenn die Experten der Troika von Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) im Herbst die nächste Bestandsaufnahme vorlegen. Geplant ist das für die Sitzung der Euro-Gruppe der Finanzminister am 13. September – kurz vor der Bundestagswahl.

Auch wenn die Bundesregierung im Wahlkampf erst etwas anderes suggerieren wollte, hat sich der Fehlbetrag abgezeichnet. So forderte der IWF während der Verhandlungen für das laufende Hilfsprogramm einen weiteren Schuldenschnitt, um die griechischen Verbindlichkeiten zu reduzieren. Die langfristige Tragfähigkeit der Schulden ist nämlich eine der Voraussetzungen dafür, dass der IWF sich überhaupt an der Rettungsaktion beteiligt. Erst die schriftliche Zusage der Euro-Staaten, „wenn nötig zusätzliche Maßnahmen“ zu ergreifen, brachte den IWF wieder von seiner Kritik ab. Ziel ist nun, die Schuldenlast bis zum Jahr 2020 auf 124 Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken – derzeit liegt der Wert bei 175 Prozent.

Die Euro-Finanzminister stecken nun in einer Zwickmühle. Denn die einfachste Option, um den griechischen Staat in den nächsten Jahren flüssig zu halten, scheint verbaut. Im für diese Fälle konzipierten Euro-Rettungsschirm ESM sind zwar genügend Milliarden vorhanden, doch löst eine solche Überweisung das Problem nicht: Jeder neue Kredit erhöht automatisch die Schuldenlast, an dessen Höhe die Hilfsbereitschaft des IWF gekoppelt ist. Nur wenn der Fonds sich zurückzöge, käme dies in Betracht.

Wenn der von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) 2010 ins Boot geholte IWF im Spiel bleiben soll, müssen andere Lösungen her. Doch das ist schwierig, weil schon im Zuge des zweiten Hilfsprogramms intensiv an diesen Stellschrauben gedreht wurde. So ist etwa die Laufzeit der vergebenen Kredite auf 30 Jahre verlängert worden, nun sind womöglicher 50 Jahre im Gespräch. Der Euro- Gruppen-Beschluss vom vergangenen Herbst erwähnt auch eine weitere Reduzierung der hierfür zu zahlenden Zinsen. Die Rede ist zudem davon, den griechischen Eigenanteil bei mit EU-Strukturfondsmitteln geförderten Projekten zu verringern, um den Etat zu entlasten. Allerdings erwartet die Kommission dadurch keinen spürbaren Effekt, da der Athener Anteil bei nur fünf Prozent liegt.

Eine weitere Möglichkeit, die der griechische Finanzminister Ioannis Stournaras am Montag ins Spiel brachte, ist die Umetikettierung der 50 Milliarden Euro, mit denen die griechischen Banken vor der Pleite bewahrt wurden. Würde dieser Betrag rückwirkend direkt aus dem ESM zur Verfügung gestellt, müsste er nicht auf das Staatsdefizit angerechnet werden. Tatsächlich ist das das Ziel der direkten Bankenrekapitalisierung, das der EU-Gipfel im Juni 2012 beschlossen hatte. Allerdings haben sich die Finanzminister erst auf Grundzüge eines solchen Instruments geeinigt. Und das sieht eine finanzielle Obergrenze vor, die mit einer solchen Operation fast auf einen Schlag ausgeschöpft wäre. Insofern drängt sich ein teilweiser Schuldenerlass fast auf – mit dem Unterschied, dass dieses Mal nicht private Investoren, sondern die Steuerzahler der Euro-Länder Verluste erleiden würden. Denn ein Großteil der griechischen Gesamtschuld gehört mittlerweile der öffentlichen Hand. Einen weiteren Schuldenschnitt, sagte deswegen EU-Kommissar Oettinger am Wochenende, dürfe man „nicht für alle Zeiten ausschließen“.

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