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Wirtschaft: EU-Kommission greift Mastercard und Visa an

Kommissarin Kroes will Gebühren kappen und versteckte Kosten für Verbraucher und Handel offenlegen

Brüssel - Die EU-Kommission greift das Geschäftsmodell der Kreditkartenorganisationen an. Wie das „Handelsblatt“ am Wochenende aus Kommissionskreisen erfuhr, will EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes vermutlich am kommenden Mittwoch, spätestens aber im Januar 2008, ihre Entscheidung im Kartellverfahren gegen Mastercard verkünden. Branchenkreise erwarten, dass Kroes die bisherige Gebührenstruktur des Kartenanbieters als unvereinbar mit dem europäischen Wettbewerbsrecht erklärt.

Im Visier der Brüsseler Wettbewerbsbehörde stehen die Abwicklungsgebühren, die Händler ihren Banken für jeden Kartenvorgang zahlen müssen. Laut dem europäischen Dachverband des Einzelhandels beträgt dieses Entgelt bis zu zwei Prozent des Umsatzes. Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Gebührenstruktur intransparent ist, teilweise auf Kartellabsprachen beruht und die Einzelhandelspreise in Europa um bis zu 2,5 Prozent in die Höhe treibt.

„Die Interbankengebühren sind Ausdruck einer rigiden Marktstruktur und überflüssig“, urteilte die Kommissarin im Februar dieses Jahres, als sie in Brüssel die Ergebnisse einer Sektoruntersuchung auf den europäischen Einzelhandelsmärkten bekannt gab. Ähnlich äußert sich der europäische Dachverband des Einzelhandels, Eurocommerce. Wie der Vorsitzende von Eurocommerce, Xavier Durieu, dem „Handelsblatt“ sagte, betragen die bei jeder Transaktion tatsächlich zwischen den Kreditinstituten anfallenden Kosten weniger als einen Eurocent. Dies hätten bankeninterne Untersuchungen ergeben. „Die Interbankenentgelte sind für die Verbraucher versteckte Zusatzkosten und für die Kreditwirtschaft eine enorme Profitquelle“, sagte Durieu. Mastercard wollte sich zu den Vorwürfen der EU nicht äußern.

Von der Entscheidung gegen Mastercard ist auch Visa betroffen. Der zweite große Kartenanbieter in Europa hatte 2002 mit der Kommission vereinbart, für den Bereich der grenzüberschreitenden Transaktionen die Interbankenentgelte auf 0,7 Prozent des Umsatzes zu senken. Diese Vereinbarung läuft Ende dieses Jahres aus. Branchenkreise gehen davon aus, dass die Kommission die Entscheidung auf Visa ausdehnt.

Das Verfahren geht zurück auf eine Beschwerde, die der Hauptverband des deutschen Einzelhandels Anfang 2006 in Brüssel eingereicht hatte. Zuletzt unterstrichen 14 große europäische Handelskonzerne im November in einem Brief an die Kommission ihre Forderung, die Gebührenpraxis bei Käufen mit Kreditkarten transparenter zu gestalten. Die Handelsketten äußerten die Sorge, dass im Zusammenhang mit der ab 2008 geplanten Einführung des einheitlichen europäischen Zahlungsraumes (Sepa) die verdeckten Verrechnungsentgelte der Kreditkarten sowie der Debitkarte Maestro auf alle Kartensysteme ausgedehnt werden könnten.

Ob Kroes die Interbankengebühren wirklich abschaffen oder nur kappen wird, war am Wochenende noch unklar. Aus Kommissionskreisen verlautete, Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy trete für eine möglichst branchenfreundliche Lösung ein. sce/HB

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