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Wirtschaft: EU-Kommission hält kurze Rezession für möglich

Wirtschaft in Euro-Zone könnte bis Ende März schrumpfen – Zentralbank lässt Leitzinsen trotzdem unverändert / Euro steigt weiter

Berlin (brö). Die Wirtschaft in den zwölf EuroLändern wird bis zum Frühjahr möglicherweise schrumpfen. Die EU-Kommission prognostizierte am Donnerstag in Brüssel ein von Januar bis Ende März im schlimmsten Fall um 0,1 Prozent abnehmendes Bruttoinlandsprodukt. Im günstigsten Szenario werde die Summe der produzierten Güter und Dienstleistungen im Vergleich zum Vorquartal um bis zu 0,3 Prozent wachsen, erklärte die Kommission. Trotz der Konjunkturschwäche ließ die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen unverändert bei 2,75 Prozent. Der Euro erreichte vorübergehend ein Drei-Jahres-Hoch bei 1,0535 US-Dollar.

Erst im Laufe des Jahres werde sich die Konjunktur in der Eurozone erholen, erwarten die Brüsseler Fachleute. Im gesamten Jahr rechnen sie mit einem Plus von 1,8 Prozent nach 0,8 Prozent für 2002. Sorge bereitet den EU-Experten vor allem die Lage im Nahen Osten. Die Folgen eines Krieges im Irak ließen sich nur schwer abschätzen, teilte die Kommission mit. Dieser könne, zusammen mit den Unruhen in Venezuela, zu steigenden Ölpreisen führen, die auf Kosten des Wachstums gingen.

Die Europäische Zentralbank will das Wachstum vorerst nicht mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik stützen. Das Niveau der Leitzinsen sei „angemessen“ und sorge für Preisstabilität, sagte EZB-Präsident Wim Duisenberg in Frankfurt (Main) nach der ersten Sitzung des Notenbank-Rates in diesem Jahr. Die Börsen reagierten nicht auf die Zinsentscheidung der EZB. Beobachter hatten eine Zinssenkung am gestrigen Tag für unwahrscheinlich gehalten, da die EZB erst im Dezember die Leitzinsen um 0,5 Prozentpunkte zurückgenommen hatte. EZB-Ratsmitglieder hatten zuletzt Zuversicht über eine allmähliche Konjunkturerholung in diesem Jahr geäußert, aber für den Fall eines erneuten Einbruchs – etwa in Folge eines langwierigen Irak-Krieges – weitere Zinssenkungen nicht ausgeschlossen.

„Euro-Kurs bald bei 1,15 Dollar“

Die Preise dürften nach Erwartungen der EZB im Jahresschnitt um weniger als zwei Prozent steigen. Dies ist die Zielmarke der Zentralbank für die Geldentwertung. Eine moderate Inflation würde den Spielraum der EZB erhöhen, den Preis des Geldes weiter zu senken. Der Chefökonom der Fondsgesellschaft Invesco, Jörg Krämer, vermutet eine Zinssenkung bis März um 0,25 Prozentpunkte. Damit werde die Zentralbank das Wachstum anzukurbeln versuchen, sagte er.

Trotz der Konjunkturschwäche erreichte der Euro mit 1,0535 Dollar am Donnerstagmorgen den höchsten Stand seit November 1999. Die EZB legte den Referenzkurs bei 1,0513 Dollar fest. Dies dürfte noch nicht das Ende der Aufwertung sein, erwartet Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz. Dem Tagesspiegel sagte Heise, im Falle eines länger andauernden Irak-Krieges sei „die Grenze von 1,10 Dollar nicht schwer zu nehmen“, ein noch steilerer Anstieg durchaus möglich. Allerdings werde dann zum Jahresende wieder die Parität zur US-Währung erreicht sein, wenn das neue, 674 Milliarden Dollar schwere Konjunkturprogramm von US-Präsident George W. Bush zu wirken beginne und die amerikanische Wirtschaft beflügle. Heise: „Der Euro wird dem Dollar auf absehbare Zeit nicht Paroli bieten und keine vergleichbare Rolle an den Finanzmärkten übernehmen können.“

Nach Ansicht von Bundesbank-Präsident Ernst Welteke war der Dollar in der Vergangenheit „deutlich überbewertet“. Der Deutschen Welle sagte er, die Entwicklung sei positiv für die Geldwertstabilität in den Euro-Teilnehmerländern.

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