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Wirtschaft: EU-Kommission reformiert den Autohandel Lockerung der Vertriebsstrukturen soll mehr Wettbewerb bringen

Brüssel/Berlin (msb/asi). Die deutsche Automobilbranche wird sich in Zukunft auf neue Marktbedingungen einstellen müssen.

Brüssel/Berlin (msb/asi). Die deutsche Automobilbranche wird sich in Zukunft auf neue Marktbedingungen einstellen müssen. Der Grund: EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti will den Autovertrieb reformieren und zum Nutzen der Verbraucher für mehr Wettbewerb sorgen. Ab 2004 soll die Abhängigkeit der Autohändler von einem Hersteller gelockert werden. Sie sollen verschiedene Marken in ein und demselben Verkaufsraum anbieten können. Außerdem werden Wartung und Verkauf in Zukunft getrennt. Dem Kunden soll dies die Wahl erleichtern. Sie werden ihr Auto zum niedrigeren Preis im Ausland kaufen können.

In Deutschland sind die Pläne bei Politikern und der Automobilindustrie umstritten. Die Liste der Konflikte zwischen EU-Kommission und Automobilindustrie ist lang. Vier hohe Bußgelder erließ die Kommission in den vergangenen Jahren gegen Daimler-Chrysler, VW und Opel wegen unerlaubter Verkaufspreisfestsetzung und unzulässigen Drucks auf die Händler. Untersuchungen gegen Renault und Peugeot laufen noch. „Doch wir konnten trotz der Bußgelder kaum Verbesserungen feststellen“, berichtet ein Mitarbeiter Montis. Deshalb will die EU-Kommission am heutigen Mittwoch ein „strengeres Regime“ für den Autohandel beschließen. Denn die seit 1985 geltende Gruppenfreistellungsverordnung für den Autohandel läuft aus. Sie ermöglichte den Herstellern, nur einen eng begrenzten Kreis von Händlern mit dem Vertrieb zu beauftragen. Diese Händler sind ausschließlich an sie gebunden und auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt. Außerdem müssen sie Garantie und Kundendienst gewährleisten.

Breite Front gegen die Kommission

Bereits während der Debatte hatten Hersteller, Händler, IG Metall und Kanzler Gerhard Schröder (SPD) die Pläne Brüssels kritisiert. „Autos werden nicht billiger“, sagte Schröder, die Gewerkschafter befürchteten Arbeitplatzverluste. IG-Metall-Vorstand Wolfgang Rohde bezeichnete die Öffnung des Kfz-Vertriebs als einen „dicken politischen Fehler". Gewachsene mittelständische Strukturen im Autovertrieb und Reparaturgewerbe würden zerstört, hunderttausend Jobs gefährdet. Rohde kritisierte EU-Kommissar Monti: „Trotz gegenteiliger Voten aus dem EU-Parlament schaltet und waltet der Kommissar, wie er will." Auch die Verbände der Autoindustrie und des Kfz-Gewerbes drohten in einem Brief an Kommissions-Präsident Romano Prodi mit dem Verlust „hunderttausender“ Jobs, wenn „die Schlüsselindustrie in der EU diskriminiert“ werde.

Nach dem Willen von Monti sollen sich in Zukunft die Hersteller zwischen dem exklusiven und dem selektiven Vertrieb entscheiden. Beim exklusiven Vertrieb wird weiterhin ein Verkaufsgebiet festgelegt, in dem der Händler konkurrenzlos ist. Er darf dort auch Wiederverkäufer beliefern, die Autos im Internet oder im Supermarkt verkaufen. Im selektiven System dürfen die Hersteller wie bisher die Händler auswählen und ihren Hauptsitz bestimmen. Die Händler dürfen jedoch Zweigniederlassungen überall eröffnen, wo sie wollen. An Wiederverkäufer dürfen sie Autos nur in Absprache mit dem Hersteller abgeben. In beiden Fällen dürfen Händler mehrere Marken anbieten, sind aber nicht mehr zur Wartung verpflichtet. Autorisierte Werkstätten können unabhängig vom Händler den Service übernehmen. Die EU begründet dies damit, dass unabhängige Werkstätten billiger sind als Vertragswerkstätten.

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